Warum nicht Klein-Tübingen werden?

Zum Bericht „Zwischen Wunschdenken und Realität“ in der Heidenheimer Zeitung vom 21.10.2022        

„Zwischen Wunschdenken und Realität“ überschrieb die Heidenheimer Zeitung ihren Beitrag über eine Gemeinderatssitzung in Steinheim. Der Entwurf für ein neues Radverkehrskonzept hatte im Rat für Fragen und Emotionen gesorgt. Ein Steinheimer Gemeinderat wurde mit den Worten zitiert: „Wir sollten Steinheim nicht zu Klein-Tübingen machen.“

Warum eigentlich nicht Klein-Tübingen werden, fragen wir als Kreisvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? Was wäre verkehrt, wenn Steinheim eine Vorbildfunktion als radfreundliche Gemeinde hätte? Vielleicht können sich viele nicht vorstellen, dass die Steinheimer Autos einen Unterschied machen? Wenn außer Steinheim keine andere Gemeinde den Radverkehr fördern würde, ist das natürlich richtig.  Aber nur mal angenommen, dass alle 10.796 Gemeinden in Deutschland zu radfreundlichen Gemeinden werden, dann sieht das Bild anders aus. Dann könnte unser Land die Emission klimaschädlicher Gase signifikant reduzieren und außerdem eine Menge Energie sparen.

Wenn wir anfangen, Kraftstoffe und damit Erdöl zu sparen, verringern wir außerdem unsere Importe aus problematischen Staaten, denn zum großen Teil bezieht Deutschland sein Rohöl von Autokratien, deren korrupte Eliten oft genug die Menschenrechte im eigenen Land mit Füßen treten. Das gilt nicht nur für Russland, sondern auch für Libyen, Nigeria, Iran, Aserbeidschan, Saudi-Arabien und die kleineren Öl-Förderstaaten der arabischen Halbinsel. Wir finanzieren diese Antidemokraten, statt die Wertschöpfung möglichst im eigenen Land zu halten. Wertschöpfung durch Stromerzeugung ist möglich, womöglich mit der eigenen PV-Anlage. Da steht das Pedelec ganz oben in der Effizienz-Liste getoppt nur vom muskelbetriebenen Fahrrad.

Die Zukunft gehört dem so genannten multimodalen Verkehr. Damit ist gemeint, dass verschiedene Verkehrsmittel für unterschiedliche Wege genutzt werden abhängig von der Länge der Wegstrecke, vom Verkehrsmittelangebot und vom Anlass, gelegentlich auch vom Wetter. Erfahrungen besagen: für eine Strecke von bis zu zwei /drei Kilometern ist das Fahrrad/Pedelec am schnellsten, weil man tatsächlich bis zur Ladentür fahren kann. Steinheim misst im Durchmesser etwa zwei Kilometer, das ist beispielsweise die Entfernung vom Hirschhaldeweg bis zum Edeka, oder von einem Ortsende bis zum anderen. Bis zur Ortsmitte legt man nur einen Kilometer zurück. Bus und Bahn wären längeren Strecken vorbehalten, das (Elektro-)Auto ebenfalls längeren Strecken oder Strecken mit schlechtem ÖPNV-Angebot. Jede Bürgerin und jeder Bürger steht täglich vor der Wahl des jeweils besten und umweltfreundlichsten Verkehrsmittels. Am wenigsten umweltfreundlich ist der Pkw mit Verbrennungsmotor. Da ist die Gemeinde Steinheim mit der Schaffung einer guten Radinfrastruktur wirklich gut unterwegs, gerade wenn sich der Ort dann wie Klein-Tübingen anfühlt.