Haushaltsrede Kreistag

Stellungnahme zum Haushaltsplan 2022

es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Landrat Polta, liebes Kollegium,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir freuen uns, dass wir aktuell als Landkreis beim Bundeswettbewerb „Klimaaktive Kommune“ ein Preisgeld von 25.000 € für die Mitmachaktion „Handabdruck“ gewonnen haben. Wir danken allen Personen im Landratsamt und darüber hinaus, die diese Aktion vorbereitet und unterstützt haben. Es ist ein gutes Beispiel für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit beim Klimaschutz innerhalb des Landratsamtes mit dem Landrat an der Spitze.

Doch nun gilt es für uns alle in eine neue Phase beim Klimaschutz zu kommen. Anhand der vielen Möglichkeiten zum nachhaltigen Verhalten muss jetzt jede politische Ebene und jede Person an ihrer Stelle in der Gesellschaft zügig und engagiert handeln und endlich konkrete Maßnahmen umsetzen.
Inzwischen mahnt sogar der Bundesverband der Deutschen Industrie „Zögern beim Klimaschutz kostet Jobs“ und sieht ein Umsetzungsproblem.
Wir müssen nicht auf die Beschlüsse der laufenden Weltklimakonferenz in Glasgow oder auf die Koalitionsvereinbarungen in Berlin warten bis sie bei uns ankommen, sondern wir können in unserem eigenen Aufgabenfeld konkret loslegen. Mit dem Kreishaushalt 2022 schaffen wir den Rahmen für unser Handeln im Landkreis.

Das Thema Mobilität ist ein zentrales Thema für den Klimaschutz. Hier sind wir alle gefordert unser persönliches Mobilitätsverhalten zu hinterfragen und als Landkreis Rahmenbedingungen für eine Verhaltensänderung zu schaffen.

Es ist wichtig, dass Sie Herr Landrat am Ausbau unserer zentralen Achse Brenzbahn über den Mobilitätspakt Aalen-Heidenheim und darüber hinaus mit der IG Brenzbahn dranbleiben und die verschiedenen Aktivitäten bündeln. Für die Zukunft benötigen wir neben dem schnellen stündlichen Zug auch den Halbstundentakt in der Fläche.
Wir freuen uns, wenn noch dieses Jahr abschließende Ergebnisse aus dem Stresstest für die weiteren Planungsschritte vorliegen. Wir stehen zu einer regionalen Beteiligung bei den Planungskosten und wollen dafür genauso das Land in die Pflicht nehmen.

Doch auch bei der Brenzbahn gibt es Handlungsfelder, die wir heute schon angehen können – das ist das Thema Tarifstruktur. Wir benötigen einen attraktiven Tarif, der über den Landkreis hinausgeht – hier gilt es die Möglichkeiten des BW-Landes-Tarifes zu nutzen.

Für den Busverkehr im Landkreis benötigen wir ebenfalls einen attraktiveren Tarif, um die Menschen bei der Änderung des Mobilitätsverhaltens zu unterstützen. Hier geht das vom Land für 2022 vorgesehene 365 €-Jugend-Jahresticket in eine gute Richtung. Wir stehen zum finanziellen Ausgleich im Heidenheimer Tarifverbund über den Kreishaushalt, wenn die Rettungsschirme von Bund und Land nicht ausreichen.
Wir dürfen uns jetzt nicht darauf ausruhen, dass alle Linienbündel im Landkreis umgesetzt sind, sondern wir müssen nun anfangen den Busverkehr für die nächste Vergabephase ganz neu zu denken! (Antrag für Ausschuss 2022). Dabei wird der von Ihnen Herr Landrat angesprochene „On-Demand-Verkehr“ – d.h. ein Rufauto oder ein Rufbus, den ich selbst vorbestellen kann – außerhalb der Stadt und des Schülerverkehrs – eine ganz neue Rolle bekommen.
Es ist kein Beitrag zum Klimaschutz, wenn im Rahmen der Mobilitätsgarantie im Halbstundentakt mit großen Bussen und wenigen Fahrgästen übers Land gefahren wird.
Wir haben dazu als Modell schon eine erfolgreiche Rufbusstrecke Gerstetten-Geislingen mit flexibler Fahrzeuggröße, die ich aus eigener Erfahrung kenne.

Der Radverkehr ist ein weiterer wichtiger Baustein für die Veränderung der Mobilität. Es ist schade, dass wir dazu nur eine Baumaßnahme und eine Planung im kommenden Kreisjahresprogramm haben. Hier sollten in den nächsten Ausschüssen die weiteren möglichen Ausbaumaßnahmen vorgestellt und der aktuelle Stand der darüber hinaus vorgesehenen Maßnahmen an Bundes- und Landesstraßen dargestellt werden! (Antrag) Ergänzend sollten für die weiteren Maßnahmen im Bereich Radverkehr insbesondere auch im Landesprogramm RadKultur alle Akteure einschließlich der Verbände beteiligt werden.

Große Potentiale zur CO2-Einsparung gibt es bei der Wärmeversorgung von Gebäuden. Hier sollten wir selbst dringend in die Sanierung unseres Berufsschulzentrums einsteigen. Wir beantragen, dass der dafür vorgesehene Zeitplan im Ausschuss vorgestellt wird und dazu geprüft wird, ob erste Planungsleistungen schon in das Jahr 2022 vorgezogen werden können (Antrag).

Regionale Wertschöpfungsketten sind ein weiterer Beitrag zum Klimaschutz und uns in der Corona-Pandemie besonders wichtig geworden. Ein Dank an Sie Herr Landrat, dass Sie die Einführung von regionalen und biologisch erzeugten Lebensmitteln im Rahmen der Bio-Musterregion in regionalen Kantinen sowie in unserem Kreisklinikum persönlich unterstützen.
Offen ist in diesem Zusammenhang für uns noch aus den letztjährigen Beratungen die Anpassung der Fleischbeschaugebühren (Antrag). Dies ist auch für unsere Schäfereien im Landkreis wichtig, die daneben durch ein neues landkreisübergreifendes Kompetenzzentrum unterstützt werden. Zu dieser Thematik wünschen wir uns Informationen im nächsten Jahr (Antrag).
Regionalität in der Lebensmittelversorgung ist auch ein Thema für die vielen Bürgerinnen und Bürger im Landkreis, die Ihren Garten nicht nur als Steingarten, Ziergarten oder Rasen, sondern für den Obst- und Gemüsebau nutzen. Dazu wünschen wir, dass die bisherige Arbeit der Beratungsstelle im Landratsamt über den Personalwechsel hinaus weitergeführt wird und dieses Angebot im Ausschuss und in der Öffentlichkeit dargestellt wird (Antrag).

Neben diesen bisher genannten Themenfeldern zum Klimaschutz haben Sie Herr Landrat als anstehende Projekte eine „Road Map zur Klimaneutralität“ und eine Konzeption zu Ladesäulen im Rahmen der E-Mobilität eingebracht. Dies begrüßen wir und sehen es positiv, dass wir in der Modellregion Grüner Wasserstoff gemeinsam mit unseren Nachbarlandkreisen im Projekt „Hy-Five“ und als „HYExperts“ dabei sind. Dabei ist uns wichtig, dass neben der regionalen Vernetzung unsere Akteure im Landkreis gemeinsam auftreten. Wir gehen davon aus, dass sich in den verschiedenen Projekten unsere Klimaschutzmanagerin gut einbringen kann und ähnliche Erfolge wie aktuell beim Bundeswettbewerb erzielt werden können.

Als weiteren Bereich, der im Rahmen des Klimaschutzes völlig neu und lösungsoffen zu betrachten ist, sehen wir das Segment Bioabfall in unserem Kreis-Abfallwirtschaftsbetrieb. Bevor wir hier in große Ersatzinvestitionen in der Bioabfall-Kompostierung einsteigen, sollten frühzeitig alternative Verfahren auch mit energetischer Nutzung sorgfältig betrachtet und diskutiert werden (Antrag) und dieser Prozess mit entsprechenden Finanzmitteln unterstützt werden! Für diese herausfordernde Fragestellung haben wir in dem neuen Betriebsleiter Herrn Dr. Meier und seinem Team eine hohe Kompetenz. Dabei sollte nicht nur im möglichen zukünftigen Verfahren, sondern auch in der Zusammenarbeit mit potenziellen Partnern, wie Stadt Heidenheim mit Kläranlage, Stadtwerke, Zementwerk Schwenk, Carbonauten, Landwirtschaft und anderen offen vorgegangen werden. In diesem Zusammenhang sollte ebenso die Thematik „zentral oder dezentral“ insgesamt neu überlegt werden.

Das Thema Notfallbenachrichtigung beim Bevölkerungs- und Katastrophenschutz hat durch die mit dem Klimawandel verbundenen Wetterextreme und aufgrund der Nähe zu Gundremmingen eine besondere Bedeutung für uns. Neben dem Wiederaufbau der Sirenen und dem „Cell- Broadcasting“ von Bund und Land sollten auf regionaler Ebene gemeinsam mit den Blaulichtorganisationen auch weitere Möglichkeiten wie z.B. die Benachrichtigung über die lokalen Radiosender diskutiert und die Schwachstellen im derzeitigen System aufgezeigt werden. Dazu beantragen wir für 2022 einen Bericht (Antrag).

Die Digitalisierung der Verwaltung ist ein wichtiger Prozess und hat seine gesetzliche Basis im Onlinezugangsgesetz, das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. Nachdem der Digitalisierungsbeauftragte im Landratsamt nun seine Arbeit aufgenommen hat beantragen wir einen Bericht zur konkreten Bestandserhebung im 1. Quartal 2022 (Antrag).

Beim Digitalpakt Schule darf das Förderverfahren die teilweise schon gut laufenden Digitalisierungsprozesse nicht ausbremsen. Es ist schön, wenn wir hier Fördermittel bekommen, dann können die vorgesehen Eigenmittel teilweise zum Schließen von Förderlücken verwendet werden. Zum aktuellen Stand und zum vorgesehenen Zeitplan der schnellen Umsetzung im Jahr 2022 möchten wir weiterhin im Bildungsausschuss informiert werden (Antrag).

Unser finanzieller Handlungsspielraum im Landkreis wird von den beiden großen Blöcken Sozialetat und Kreisklinikum stark bestimmt. Der Bereich Soziales und Jugend hat einen jährlichen Finanzierungsbedarf durch den Landkreis von fast 80 Mio € und dieser ist damit höher als die Einnahmen aus der Kreisumlage. Hier gilt es gute Verwaltungsarbeit zu machen und dabei gleichzeitig Unterstützung für die betroffenen Menschen zu leisten sowie das Finanzbudget im Blick zu behalten.

Die aktuellen Entwicklungen in der Corona-Pandemie in den letzten Tagen haben den Blick wieder stark auf das Gesundheitsamt und unser Kreisklinikum gerichtet.
Wir danken der gesamten Mitarbeiterschaft im Gesundheitsamt und allen aus den anderen beteiligten Organisationseinheiten, die diese herausfordernde Arbeit bisher und in der anstehenden 4.Welle leisten.

Wir stehen zum vorliegenden Konzept einer kreisweiten mobilen Impfstrategie, das durch Herrn Polta vorgelegt wurde – hier zeigt sich, dass wir besonders in der Pandemie finanzielle Spielräume im Haushalt benötigen. Wie wichtig ein Kreisklinikum in kommunaler Hand ist, sehen wir gerade jetzt in der Pandemie mit der hohen Anzahl von benötigten Intensivpflegeplätzen. Durch die anstehende Anstellung einer eigenen Person in der Geschäftsführung wird die Verbindung zum Landkreis noch enger. Dies ist hilfreich, um das anstehende 100 Millionen-Projekt Haus L im Bauabschnitt 3a mit weiterhin großer finanzieller Unterstützung durch den Landkreis erfolgreich umzusetzen. Wir danken der Mitarbeiterschaft im Klinikum für die besondere Einsatzbereitschaft in der Pandemie und die Flexibilität, die aufgrund der sich täglich ändernden Lage erforderlich ist.

Abschließend gehe ich auf die vorgesehene Kreisumlage ein. Aus unserer Sicht ist der von der Verwaltung dargestellte Satz von 33% fundiert begründet und damit angemessen dimensioniert.

Ich danke zum Schluss im Namen unserer Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landratsamt und in unseren weiteren Einrichtungen für das Engagement im jeweiligen Aufgabenbereich.
Insbesondere denen, die direkt und indirekt an der Erstellung dieses Haushaltsentwurfes 2022 mitgewirkt haben und ganz persönlich Ihnen Herr Kreiskämmerer Eisele und Herr Landrat Polta.

Danke für die Aufmerksamkeit!

Frank Schied
Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Unabhänige
Kreistag des Landkreises Heidenheim