Haushaltsrede Kreistag 26. November 2023 Stellungnahme zum Kreishaushalt 2024 Es gilt das gesprochene Wort Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, zunächst gilt mein Dank allen an der Aufstellung des Haushalts Beteiligten und darüber hinaus an alle Mitglieder der Kreisverwaltung und der kreiseigenen Einrichtungen und Betriebe für Ihre Arbeit. Die Belastungen sind hoch und die Personaldecke ist kurz, trotzdem leisten Sie viel, dafür bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion. Der Kreistag entscheidet über alle grundlegenden Angelegenheiten des Landkreises und kann Grundsätze für die Verwaltung des Landkreises festlegen. Die Beschlussmöglichkeiten des Kreistages sind auf die eigenen und übertragenen Aufgaben des Landkreises beschränkt. So weit die offizielle Beschreibung der Kompetenzen eines Kreistags. Als vierte Rednerin beschränke ich mich an dieser Stelle auf unsere Ziele und die Frage „Was ist Pflicht und was ist Kür?“ Vorneweg: Viel Gestaltungsspielraum für die „Kür“ bleibt uns nicht, weil der finanzielle Spielraum durch weitreichende Entscheidungen der Vergangenheit schon ziemlich eingeschränkt ist. Trotzdem will ich an dieser Stelle den Blick meiner Fraktion auf die wichtigsten und zwingenden Weichenstellungen darstellen. Kreisabfallwirtschaftsbetrieb/Klimaschutz Die Gebührenkalkulation wurde schon hinreichend angesprochen. Die geplante Vorgehensweise ist auch aus unsere Sicht nicht tragbar. Ohne weiter Öl ins Feuer gießen zu wollen: Wir erwarten einen Vorschlag zum weiteren Verfahren, der es erlaubt, unter den unglücklichen Umständen die Gebühren so zu gestalten, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Das bedeutet auf Grund der vorgestellten Zahlen: Die Anpassung muss so gestaltet sein, dass sie die BürgerInnen so wenig wie möglich zusätzlich belastet, aber auch nicht zulasten des Kreishaushalts geht und mittelfristig stabil ist. Der Vorgang ist ärgerlich, was uns aber weit mehr beschäftigt, ist die immer noch fehlende Konzeption zur thermischen Verwertung von Abfällen, die meine Fraktion schon seit über einem Jahr anmahnt.Wir erwarten (Antrag), dass bis zum Sommer endlich eine Konzeption vorgelegt wird, die das Potenzial zur thermischen Verwertung von Biomasse und die mögliche Einbindung in ein Nahwärmekonzept bewertet und eine weitere Vorgehensweise mit einer groben Zeitplanung enthält. Möglicherweise ergibt sich eine Möglichkeit zur Kooperation mit dem Berufsschulzentrum oder dem Klinikum, wo wir das Thema CO2-neutrale Energieversorgung allein schon aus Kostengründen regelmäßig aufrufen und eine Konzeption überfällig ist. Verkehr/ÖPNV Wir wollen an der Maßnahme attraktive Fahrpreisgestaltung festhalten, unabhängig davon, wie die zukünftige Finanzierung aussieht, denn dies war und ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Die Umstellung der Schülermonatskarte auf Jugendticket BW hat gut geklappt, auch Dank guter Vorarbeit und Schulungen durch das Team vom LRA. Vielen Dank dafür.Endlich wurde die Erprobung eines bedarfsorientierten Rufbussystems auf den Weg gebracht. Ob gut wird, was lange währt, wird sich zeigen. Wir warten allerdings immer noch auf das angekündigte Gutachten zu den Möglichkeiten der On-Demand- Verkehre im Landkreis und bitten, dieses umgehend vorzulegen. Denn zur Weiterentwicklung eines ÖPNV, der dem Namen auch im Ländlichen gerecht wird, ist es noch ein weiter Weg. Für die notwendigen Beschlüsse und Maßnahmen brauchen wir eine gute Datengrundlage und dieses zeitnah. Unsere BürgerInnen warten! Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Abschaffung des Übergangstarifs DING-htv nach Ulm. Die Fahrt war teuer, jetzt gilt der bw-Tarif. Wir freuen uns, dass unser Antrag ge- und erhört wurde. Zum Radverkehrskonzept gibt es, auch im Rahmen des Mobilitätspakts keinen Sachstand, der Grad der Umsetzung der Projekte, auch der schnellen Radverbindung Richtung Aalen ist -uns zumindest- völlig unklar. Das gilt auch für den Stand der ÖPNV-Strategie und der Umsetzung Mobilitätspass. Bis 2030 ist es nicht mehr all zu weit. Daher beantragen wir zeitnah entsprechende Berichte im Ausschuss.Das bietet auch die Gelegenheit, nicht nur den neuen Radverkehrsbeauftragten in Szene zu setzen, sondern das ganze Team der mit Klimaschutz Befassten und der Organisationsstruktur. Selbstverständlich unterstützen wir weiterhin alle Schritte hin zum abschnittweisen zweigleisigen Ausbau und zur Elektrifizierung der Brenzbahn. Wir sind gespannt, ob die Maßnahmen von Seiten des Bundes zur Planungsbeschleunigung bei uns Wirkung zeigen. Unabhängig davon sind wir froh, dass Sie, LR Polta, dieses Thema zur Chefsache gemacht haben und nach wie vor energisch vorantreiben. Digitalisierung Dank der treibenden Kraft in Form von Wirschaftsförderer Setzen haben wir im Landkreis insgesamt gute Fortschritte beim Ausbau der Digitalen Infrastruktur gemacht. Allerdings hängt die Digitalisierung der Verwaltung noch nach, eine Herkulesaufgabe, zugegeben. Es sind Fortschritte erkennbar, allerdings hat uns auch hier ein Personalwechsel ein Stück weit ausgebremst. Sorgen macht uns die Finanzierung der Digitalisierung der Schulen. Gerade in der Beruflichen Bildung ist Augenhöhe mit der Wirtschaft Voraussetzung für hochwertige Ausbildung. Aber auch in der Sonderpädagogik sind Digitale Hilfsmittel wertvolle Instrumente. Den Ausflug in die Irrungen und Wirrungen der Förderung durch den Digitalpakt und die fehlende Anschlussfinanzierung will ich Ihnen hier ersparen. Auch den Schulen. Es ist dringend notwendig, im Haushalt ein eigenes Digitalbudget auszuweisen, das den Schulen verlässlich zum Erhalt ihrer digitalen Bildungsstruktur zu Verfügung steht, egal, welche Fördermittel fließen. Und, dies muss auch im Haushalt nachvollziehbar sein! Denn wir kaufen nicht mehr Tische und Bänke mit einer Lebensdauer von Jahrzehnten, sondern Elektronik mit einer Verfallszeit von 4 oder 5 Jahren. Allein an der Technischen Schule sind knapp 400.000 € pro Jahr nötig, um allein den Status Quo zu erhalten! Das darf nicht zulasten des regulären Budgets gehen! In diesem Haushalt ist die Verwaltung diesem Anspruch trotz fehlender Anschlussfinanzierungen gerecht geworden. Im Landkreis Heidenheim wird die Bedeutung der Bildung für die Gesellschaft und den Wirtschaftsstandorts nicht nur in Sonntagsreden gewürdigt, sondern auch im Haushalt. Und im Verwaltungshandeln. Deswegen treibt der Kämmerer auch die Fortschreibung der sog. Medienentwicklungspläne voran, damit eine einigermaßen verlässliche Planung möglich ist. Das ist der richtige Weg, den wir mit vorantreiben und unterstützen. Fachkräftemangel Sowohl beim Thema Klimaschutz als auch bei der IT wurde im vergangen Jahr offensichtlich, was so mehr oder minder auf die gesamte Verwaltung zutrifft: Der Fachkräftemangel macht uns bei der Umsetzung der Beschlüsse immer wieder einen Strich durch die Rechnung.Deswegen ist es dringend geboten, im Rahmen des Möglichen die Attraktivität des Kreises als Arbeitgeber zu steigern. Die zusätzliche Ausweisung dauerhafter Planstellen für Befristungen ist, neben Jobticket, Jobrad und Anderem eine wichtige und notwendige Maßnahme. An dieser Stelle will ich den Bogen noch weiter spannen: Von der Verwaltung zur Wirtschaft, vom LRA zur Kreis und zur Region. Der Begriff Fachkräftemangel greift inzwischen viel zu kurz. Es geht um den Mangel an Arbeitskräften. Und überall stellt sich die Frage: Woher nehmen? Dabei wird übersehen: Ein Teil ist da! Allerdings ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, zum Teil ohne Ausbildung, ein Teil minderjährig. Und viele von Abschiebung bedroht. In der aktuellen Migrationsdiskussion geht völlig unter, dass etliche von Abschiebung bedrohter Migranten seit vielen Jahren hier leben, weil sie einen Arbeitsplatz haben keinerlei Transferleistungen beziehen und gut integriert sind. Trotzdem haben sie keinerlei gesicherten Aufenthaltsstatus. Ein anderer Teil ist minderjährig und sitzt in VABO-Klassen in unseren beruflichen Schulen, um Deutsch zu lernen, zum Teil auch unser lateinisches Alphabet und sog. Arabische Ziffern und die Regeln, die in unserer liberalen Gesellschaft gelten. Allerdings sind die Mittel, vor allem das Personal dafür viel zu gering. Dafür sind wir, die kommunale Ebene, nicht verantwortlich. Aber wir haben die Lasten und die Folgen zu tragen. Nicht nur deswegen, sondern auch um der betroffenen Menschen willen sollten wir dieses Thema sehr aufmerksam verfolgen und unsere Möglichkeiten nutzen und die Kräfte bündeln, um gute Integration zu leisten. Zurück zu den Maßnahmen zur Personalbindung im LRA selbst. Auch die Aufenthaltsqualität, bei allem Hype ums Homeoffice, gehört dazu. Kurze Wege, sowohl für Personal als auch für BürgerInnen, Energieeffizienz und Klimaneutralität sind weitere Herausforderungen. Sanierungsprojekte/Klimaschutz Aus diesem Grund haben wir im letzten Jahr eine ganzheitliche Konzeption für die Liegenschaften des Kreises gefordert, die inzwischen auf dem Weg ist. Im Rahmen dieser werden endlich auch Projekte angegangen, die schon lange überfällig sind. Insgesamt entsteht mit BSZ, Pistoriusschule und Verwaltungsgebäuden ein erheblicher Investitionsbedarf. Gesundheitsvorsorge/Kliniken Dazu kommen die laufenden Investitionen ins Klinikum, die der Landkreis als Träger zu stemmen hat. Wir stehen uneingeschränkt zur Weiterentwicklung unseres Klinikums. Die medizinische Versorgung ist für die Daseinsvorsorge und die Lebensqualität im Landkreis Heidenheim ein wesentlicher Baustein.Die Ansiedlung der Gesundheitsberufe beim Klinikum, eine Herzensangelegenheit meiner Kollegin Giemulla, wird zur Stärkung des Klinikums beitragen. Allerdings ist unsere finanzielle Belastbarkeit mit all den genannten Maßnahmen und Pflichtaufgaben, Infrastruktur, Bildung, Soziales, Integration ziemlich ausgereizt. Deswegen müssen wir uns auf die Kernaufgaben des Klinikums konzentrieren, um dessen Bestand nicht zu gefährden. Kreisumlage Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns mit dieser Stellungnahmen nur auf die wichtigsten Themen beschränkt. Klar wird dennoch, dass wir in den nächsten Jahren durch strukturelle Maßnahmen mit erheblichen Investitionen finanziell vor großen Herausforderungen stehen. Der Kämmerer erwartet im laufenden Haushaltsjahr ein Defizit von ca. 3,5 M€. Im Entwurf war ein Defizit von 6,4 M€ enthalten, das auch auf Grund der aktuellen, leicht verbesserten Zahlen immer noch über 6 M€ betragen wird. Dabei sind für wesentliche Investitionsvorhaben lediglich Planungsraten eingestellt, die dicken Investitionsbrocken , finanziell gesehen das dicke Ende, kommt erst noch; der mittelfristige Finanzrahmen bedarf in den nächsten Jahren, sollte nicht ein Finanzwunder geschehen, erhebliche Steigerungen der Kreisumlage. Die Idee „Goldesel“ (Rede M. Kraut, Freie Wähler) ist zwar charmant, aber auch hier nur ein Märchen und wohl eher eine Referenz an die Presse, die von Haushaltsstellungnahmen bahnbrechende Sparideen fordert. Aber Politik beginnt mit dem Betrachten der Realität. Das Unbehagen über das anstehende große Defizit war heute in allen Stellungnahmen zu spüren. Wir können die Vorgehensweise, jetzt angesichts eines schon vorhersehbaren Defizits bei der Kreisumlage zurückhaltend zu sein um in den nächsten Jahren, die für die Kommunen ohnehin schwieriger werden, um so stärker ins Säckel der Kreisgemeinden greifen zu müssen, nicht nachvollziehen. Noch sind die Zeiten finanziell gesehen, relativ stabil. Gerade dann sollte die Kreisumlage einen annähernd ausgeglichenen Kreishaushalt sicherstellen. Dafür müsste diese um insgesamt knapp 4%! angehoben werden.(Kollege Domberg hat das „zusätzlich“ bei den 3% wohl überlesen.) Wir haben von Seiten der Verwaltung angesichts dieser Situation einen Kompromissvorschlag erwartet; die goldene Mitte wären 2% gewesen. Angesichts der Umlagesätze der Vergangenheit, (2005, als ich vor diesem ehrenwerten Gremium zum ersten Mal für meine Fraktion zu einem Haushalt Stellung bezog, diskutierten wir über 41,5%!), wäre dies mehr als vertretbar. Ansonsten steigt die Gefahr, dass, wie in der Vergangenheit geschehen, Umlagesprünge mit Finanzebben zusammen fallen. Das sollten wir verhindern! Da wir keine eigene Mehrheit für einen solchen Antrag haben, bitten wir Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diesen Punkt in den Beratungen aufzugreifen und hoffen auf ein realitätsbezogenes Ergebnis. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Margit StumppFraktionsvorsitzende GRÜNE und UnabhängigeKreistag Heidenheim