Sehr geehrter Herr OB Salomo,
sehr geehrte Frau BM Maiwald,
sehr geehrter Herr Kämmerer Ochs,
sehr geehrte Mitarbeitende der Verwaltung,
meine Damen, meine Herren,
Einleitung
Vor genau drei Wochen wurde der Haushalt eingebracht. Und zum sechsten Mal seit 2019 saß ich vor einem leeren Blatt, um meine Haushaltsrede zu schreiben.
Noch nie war das so schwer. Denn überall – auch in den Reden der Hausspitzen – klingen mahnende Töne an.
Bevor sich mein Manuskript mit Inhalt füllte, kam mir ein einziges kleines, kurzes, aber starkes Wort in den Sinn:
»WIR.«
1. WIR – das Miteinander in Heidenheim
In Heidenheim schaffen WIR es nur gemeinsam. Unsere Unterschiede sind kleiner, als oft vermutet – auch hier im Gemeinderat.
Unser Souverän ist die Stadt Heidenheim. Mehr Respekt. Mehr Wertschätzung. Gerade hier, im Rat. Das brauchen wir.
2. Haushaltslage – Ehrlichkeit und Verantwortung
Der Elefant im Haushalt ist erkannt – und endlich benannt. Es ist keine gute Lage.
Diese Erkenntnis kam mit Ansage, man könnte sogar sagen »mit Anlauf«, wenn man die Hinweise des Regierungspräsidiums der letzten mehrere Jahre liest.
Unser Kämmerer nennt sie „Zangenlage“.
Wir wollen viel, aber wir können uns nicht mehr alles leisten. Perfektion ist kein Maßstab mehr. Pragmatismus, Bodenständigkeit und (finanzielle) Nachhaltigkeit sind gefragt.
Vieles kann als Grund angeführt werden. Das liegt an der Doppik, an wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, national und global – und an Entscheidungen der Vergangenheit.
Und klar: Sehr vielen Kommunen in Baden-Württemberg geht es genauso. Bund und Land wachen langsam auf und versuchen gegenzusteuern. Die Gelder aus dem Milliardenfond und dem Zukunftspakt gilt es dann, klug einzusetzen.
Das ist die äußere Krise, die können wir kaum beeinflussen. Denn außen sind wir „gefangen im System“. Innen aber können WIR gestalten.
Und da ist es wieder – Das kleine Wort mit der großen Bedeutung: WIR.
3. Projekte und Prioritäten – Maß halten
WIR haben viele richtige Projekte auf den Weg gebracht. Sie sind wichtig – aber sie binden Mittel und Personal. Und zwar langfristig.
Da müssen wir durch. Schritt für Schritt, Jahr für Jahr.
Wichtig ist, dass neue Projekte keine neuen „Klotz-am-Bein“-Projekte werden.
Zum Beispiel: das Waldbad. Sanieren ja klar! Aber bitte nicht vergolden.
Unser Ziel: Das Waldbad energieeffizient, energieautark und bezahlbar zu ertüchtigen, so dass der Unterhalt in Zukunft so wenig Kosten wir möglich verursacht.
Denn unser oberstes Ziel muss heißen: Die Haushaltsautonomie bewahren.
Um dabei unsere Ertragsseite zu stärken, beantragen (Antrag) wir eine kommunale Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild. Durch Abfallreduzierung Ressourcen schonen und gleichzeitig die Stadt verschönern.
4. Zu einzelnen Projekten
Geförderter Wohnbau in städtischer Hand ist sozial und bringt Sicherheit und Selbstbestimmung für unsere Kommune.
Elmar-Doch-Haus: Die Mehrheit in unserer Faktion glaubt an die Anziehungskraft einer attraktiven Gastronomie in der Innenstadt. Die Umnutzung historischer Gebäude ist kein Tabu, sondern moderne Stadtentwicklung.
Viele Städte haben von genau solchen Umgestaltungen schon nachhaltig profitiert.
Innenstadt: Wir hoffen auf verlängerte Sommeröffnungszeiten – aber: Was bringt ein neues, teures Pflaster, wenn keine Menschen kommen?
Wir müssen klar priorisieren: Was belebt die Stadt – und was ist nur „nice-to-have“?
Hier fehlt uns ein starkes Innenstadtmanagement. Eine lebendige Innenstadt (ich wollte schon fast Stadtbild sagen) braucht Kultur, Vielfalt und Engagement. Erfolgreiche Projekte wie die Kulturkiste dürfen keine Ausnahme bleiben.
Und eines ist klar: Die Begrünung der Innenstadt ist kein Luxus, sondern Pflicht. Klimaanpassung ist heute schon notwendig und wird teurer, mit jedem Tag, den wir länger warten. Klimaanpassung ist Gesundheitsschutz!
5. Klimaschutz – ohne Klima keine Zukunft
Damit sind wir bei unseren Kernthemen: Klimaschutz und Klimaanpassung.
„Eine Politik ohne Klima ist eine Politik ohne Zukunft.“
Doch in Heidenheim machen wir kaum aktiven Klimaschutz. Oft erst, wenn wir müssen.
Wärmeplanung, Energie- und Verkehrswende gelten zu oft als Belastung. Die Zeichen der Zeit sind noch längst nicht überall erkannt.
WIR müssen den Klimaschutz wieder in den Mittelpunkt rücken.
Wir haben den Beschluss zur Klimaneutralität 2040 –bisher nur auf Papier.
Darum fordern wir:
- (Antrag) Klimaschutz als strategisches Handlungsfeld in die Agenda der Stadt aufzunehmen.
- (Antrag) Einen konkreten Handlungspfad mit messbaren Zielen zu erarbeiten – wie wir bis 2040 wirklich klimaneutral werden.
Dazu gehören zum Beispiel:
Heizzentrale Mittelrain, Nutzung von Abwasserwärme, konsequente Wärmeplanung, nachhaltiger Verkehr, enkeltaugliches Flächenmanagement. Und vielleicht setzen wir uns mal mit der örtlichen Wirtschaft an einen Tisch?
Klimapolitik braucht Zusammenarbeit über Ressortgrenzen hinweg – ohne Dialog gibt es keine Lösungen.
Diesen Dialog vermissen wir. Darum fordern wir: Klimaschutz muss Chefsache werden.
6. Verkehr – nachhaltig denken
Wir beantragen (Antrag):
den gesamten Bahnhofsvorplatz als Verkehrshub zu gestalten – erreichbar, aber ohne Durchfahrt über Bahnhof- und Friedrichstraße.
So schaffen wir Aufenthaltsqualität, Sicherheit und ein modernes Verkehrskonzept.
7. Grundsätzliches – Fairness und Augenmaß
Haushaltsreden sind auch der Raum für Grundsätzliches.
Die Kämmerei erwartet Aufgaben- und Standardkritik. Dann erwarten wir auch konkrete Vorschläge. Denn das wird die härteste Nuss: zu entscheiden, was wir lassen müssen.
Darum beantragen wir (Antrag):
- Überprüfung aller freiwilligen Zuwendungen und Zuschüsse
- und die Schaffung eines transparenten Budgets, auf das sich Vereine und Projekte bewerben können.
Das schafft Verlässlichkeit und Chancengleichheit und beendet historisch gewachsene Ungleichheiten.
8. Dank und Schlusswort
Zum Schluss gilt unser Dank allen, die Heidenheim gestalten: der Verwaltung und ihrer Spitze, den Ehrenamtlichen, Vereinen, Kulturschaffenden, der Wirtschaft – und allen Bürgerinnen und Bürgern.
Ihr alle macht Politik – jeden Tag.
„Politik bedeutet die Liebe zum Leben.“ Das sind Worte von Hannah Arendt.
Politisch handeln für Heidenheim heißt also: “In love with HDH” zu sein.
Gibt es einen schöneren Schlussgedanken als diesen?
Ich, wir danken fürs Zuhören.
Die Anträge der Fraktion Bündnis `90/Die Grünen-ödp für das Haushaltsjahr 2026:
Klimaschutz:
- Wir beantragen, dass ein Nahwärmenetz für die Innenstadt in Angriff genommen wird, damit dieses vor der Neupflasterung fertiggestellt werden kann. Dazu beantragen wir ein Pilotprojekt zur Nutzung der Wärme aus Brenzwasser und Abwässern beispielsweise aus der Aquarena und dem Klinikum mittels großer Wärmepumpen. Begründung: Innenstadtsanierung geht nicht ohne vorherige Wärmewende. Die Abwasserleitung des Klinikums kann man im Winter anhand der Schneeschmelze verfolgen. Wärme ist dort reichlich vorhanden. Kostendeckung: durch eingesparte Brennstoffkosten.
- Wir beantragen, das Wärmenetz im Mittelrain von Grund auf zu sanieren und auf regenerativ umzustellen. Begründung: Das Wärmenetz dort ist über 50 Jahre alt und nach heutigen Maßstäben schlecht isoliert und störungsanfällig. Es geht viel kostbare Energie verloren, was hohe Heizkosten für die Bewohner verursacht. Schon jetzt stellen manche Bewohner auf Wärmepumpen um. Bei einem neuen Wärmenetz sollten aber möglichst alle Anlieger angeschlossen werden. Kostendeckung: Kostenersparnis in der Zukunft.
Gesellschaft:
- Sobald der FB5 wiederbesetzt ist, beantragen wir, dass ein Jungendgemeinderat eingesetzt wird. Begründung: laut GemO sind wir als Stadt über 50.000 Einwohnenden dazu verpflichtet. Kostendeckung: laufendes Geschäft.
Verkehr:
- Aufnahme der Mittel für den Radweg nach Großkuchen. Begründung: Verkehrswende. Kostendeckung: Straßenbau
- Stationäre Geschwindigkeitsmessung in der Steigstraße. Begründung: Lärmschutz Kostendeckung: rentierlich.
- Fahrradschutzstreifen auf der Friedrich-Pfenning-Straße und der Schloßhaustraße. Begründung: Fahrradschutzstreifen zwingen Autofahrer, Radfahrer mit ausreichendem Abstand und nur bei freier Gegenspur zu überholen, sie verbessern die Sicherheit der Radfahrer. Kostendeckung: allg. Straßenbau, kostengünstige und effektive Maßnahme, F.-Pfennig-Straße wird sowieso gerade saniert.
- Wir beauftragen die Stadt bei den Stadtwerken darauf hinzuwirken, dass in allen Wohngebieten der Stadt Heidenheim öffentliche (Schnell-) Ladesäulen aufgestellt werden. Begründung: Verkehrswende, in keinen der Satellitenwohngebieten (Mittelrain, Reutenen, Zanger Berg) gibt es derzeit Lademöglichkeiten. Kostendeckung: Aufsichtsratsentschädigungen.
Umwelt:
- Wir beantragen eine räumliche und quantitative Einschränkung der Plakatierungen zu Wahlen durch Schaffung von Aufstellflächen (abbaubare Plakatwände), z. Bsp. an Ortseingängen, an Straßen und in der Innenstadt (Rathausplatz). Begründung: Nachhaltigkeit, Abfallreduzierung im öffentlichen Raum. Kostendeckung: laufendes Geschäft.
- Wir beantragen, dass der Lenkungskreis „Fairtrade“ in der nächsten „Fairen Woche“ (ist immer Ende September) mit passenden Organisationen in der Stadt Projekte und Veranstaltungen organisiert. Begründung: Bekanntmachung des Fairtrade Gedanken. Kostendeckung: Budget Lenkungskreis
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Stellungname zum Haushaltsplan 2026 der Stadt Heidenheim
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – ödp im Gemeinderat Heidenheim
Anamari Filipović, Fraktionsvorsitzende am 06.11.2025