Haushaltsrede Gemeinderat Heidenheim

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Salomo,

sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Maiwald,

sehr geehrter Herr Kämmerer Ochs,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

I.

Zunächst möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bedanken: Ich danke allen im Rathaus und in der Verwaltung Tätigen und Ihnen und Euch allen im Gemeinderat für ihr Engagement und die gute Zusammenarbeit!

Es fühlt sich etwas seltsam an, nach dem weltpolitisch und bundespolitisch so einschneidenden Tag gestern nun hier die Haushaltsrede zu halten. Doch als Stadträtinnen und Stadträte sind wir dem Wohl unserer Stadt verpflichtet.

„Suchet der Stadt Bestes!“ Diesen Satz haben wir bei unserer Klausur gehört, als Friedhelm Werner uns in die verschiedenen Aufgaben von Gemeinderat, Oberbürgermeister und städtischer Verwaltung eingeführt hat. Zum Besten der Stadt soll es ein Miteinander der Akteure sein. Wir alle mit der Leitung der Stadt Betrauten sind aufgefordert, miteinander ihr Wohl zu suchen, ja ihr Bestes.

II.

Das Beste – das ist noch mehr als gut. Doch was ist das Beste für Heidenheim? Hier gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen.  – Und wir haben die Herausforderung: „Sucht der Stadt Bestes, ohne dass es viel kostet!“ – Oberbürgermeister Salomo und Stadtkämmerer Ochs haben in ihren Reden klargemacht, dass wir strikte Ausgabendisziplin üben müssen. – Wir wissen, dass in beträchtlichem Maße große Projekte aus der Vergangenheit zur jetzigen angespannten Haushaltslage beigetragen haben. Des Weiteren ist das Konnexitäts-Prinzip offenbar an manchen Stellen verletzt: Bund und Land fordern Aufgaben von uns Kommunen, die jedoch nicht vollständig von ihnen bezahlt werden. Liebe Anwesende, es ist wichtig, auf diesen Missstand zu verweisen.

III.

 Doch Schuldzuweisungen – wer was in der Vergangenheit oder Gegenwart falsch gemacht hat, – bringen uns für die anstehenden Aufgaben nicht weiter.

Und davon haben wir bekanntermaßen einige: Es sind Pflichtaufgaben zu erfüllen wie die Sanierung von Rathaus und Tiefgarage, von Kläranlage und verschiedenen Sport-und Schwimmhallen, wir haben KiTas dem Bedarf entsprechend auszubauen, Wohnraum zu schaffen. Wir sollen gute Bedingungen für das Gewerbe und gute Verkehrsbedingungen sowohl für Autofahrer als auch Fußgängerinnen und Fahrradfahrer herstellen.

„Ohne Sicherheit ist alles andere nichts“ das hat Kanzler Scholz bei der Sicherheits-Konferenz in München gesagt. Sicherheit ist tatsächlich ein wichtiges Gut. (Nach gestern wird das noch mehr bewusst). Da der Klimawandel schon im Gange ist, erleben wir sowohl Dürren als auch Hochwasser, jüngst in Spanien, aber neulich auch ganz in unserer Nähe. So waren die Schäden im Raum München und zwischen Kaufbeuren und Günzburg immens. (Bei uns gibt es Brenz und Wedel.)   – Wir würden die Klimakrise und die daraus entstehenden Konsequenzen am liebsten nicht wahrhaben. Die Ergebnisse der letzten Wahlen haben bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Menschen den Klimawandel abgewählt haben. – Nur geht das leider nicht.

Viele können das Thema „Klimakrise oder Klimaschutz“ nicht mehr hören, zum einen, weil andere Krisen wie Corona oder Krieg den Alltag stark beeinträchtigt haben oder noch bestimmen. Zum anderen, weil der CO2-Ausstieg unbequem ist und Veränderungen von uns fordert. Ich verstehe das gut, dass man das von sich weghalten will. Doch wir als Grüne und ÖDP meinen: „Ohne Klimaschutz ist alles nichts. Sonst gibt es zu wenig Sicherheit.“ Unwetter, Dürre und Hitze können schnell existenziell, ja tödlich werden, das haben wir gerade in Spanien leider sehen müssen. – „Suchet der Stadt Bestes“ bedeutet also, die Themen, die wir als Gemeinderat besprechen, im Rahmen der Klima-Bewahrung zu sehen.

IV.1

Und tatsächlich sind wir hier auf einem guten Weg. Schon der vorige Gemeinderat hat ein Innenstadt-Konzept beschlossen, bei dem ein Wasser-Reservoir unter dem Asphalt vorgesehen ist – zum einen, um Hochwasser aufzufangen, zum anderen für Hitzewellen. Des Weiteren investieren wir in das Smart-City-Projekt, das ebenfalls Nachhaltigkeit fördert. Es soll ein zentraler Omnibus-Parkplatz anstelle des maroden Parkhauses am Bahnhof entstehen, um den ÖPNV zu stärken.

Und was mich sehr freut: Wir haben jüngst die Fortführung des Lärmaktionsplans beschlossen, mit dem der Auto- und Lkw-Verkehr an neuralgischen Stellen unserer Stadt etwas erträglicher werden soll. Für ca. 9000 Bürger*innen in Heidenheim, vor allem für die, die an B19 und B466 wohnen, ist der Lärm zur Zeit gesundheitsschädlich. Durch die im Minimalkonzept nun vorgesehenen Tempo 30-Zonen wird sich deren Lebensqualität, aber auch die von Fahrradfahrerinnen und Fußgängern, verbessern. Freilich ist das für die Autofahrenden eine Veränderung. Doch zeigt der Blick in andere Städte – nicht nur in Frankreich, wo Tempo 30 fast in jeder Innenstadt anzutreffen ist – sondern auch bei uns, etwa in Freiburg, Tübingen oder Reutlingen, dass Tempo 30 eine Frage der Gewöhnung ist – und eben das Beste für die Anwohnenden. Denen klimpert aktuell das Geschirr im Schrank, wenn einer der vielen Laster an ihrem Haus vorbeidonnert. (freundlich zu Ralf Willuth, der Tempo 30 ablehnt: Und der Bremsweg ist bei Tempo 50 einfach viel länger als bei T.30 – das ist eine naturwissenschaftliche Tatsache, keine theologische).

IV.2

Suchet der Stadt Bestes. Dieser Satz motiviert schon seit Tausenden von Jahren Menschen, sich für ihre Stadt einzusetzen.

Weil viele eingesehen haben, dass nur durch einen möglichst raschen Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft die schlimmsten Szenarien der Klimakrise noch zu verhindern sind, wurden das Klimaschutzgesetz und das Klimawandel-Anpassungsgesetz beschlossen. Danach sollen bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 65Prozent reduziert werden.

Um das zu erreichen, brauchen wir auch in Heidenheim eine rasche Energiewende vor Ort. Die beschlossene Freiflächen-PV-Anlage in Oggenhausen ist auf jeden Fall ein wichtiger Baustein dazu. Wir brauchen aber viel mehr Erneuerbare-Energie-Anlagen in den nächsten Jahren, wenn wir die gesteckten Ziele auch nur annähernd erreichen wollen. Die Akzeptanz von PV- und Windkraftanlagen steigt erfahrungsgemäß, wenn Bürger und Bürgerinnen an solchen Anlagen finanziell beteiligt werden. Es ist heute und in Zukunft möglich, mit Wind und Sonne Strom zu günstigen Preisen zu produzieren und gleichzeitig eine attraktive Rendite für das eingesetzte Kapital zu erzielen.

Viele Menschen, die gerne in Erneuerbare-Energie-Anlagen investieren möchten, verfügen jedoch über kein eigenes Dach. Daher regen wir an, dass die Stadt Heidenheim oder die Stadtwerke Bürgerbeteiligungsmodelle anbieten. Auf diese Weise sind nicht nur Photovoltaik sondern auch Windkraftanlagen finanzierbar, wie das Windrad in Gnannenweiler zeigt, welches der Förderverein für Naturheilwesen erfolgreich betreibt.

Auch die Projekte des Arbeitskreises Bürger-Energie (BENE) in Königsbronn zeigen, wie die Umstellung auf regenerative Energien beschleunigt werden kann. Die Königsbronner beweisen auch, dass gemeinschaftliche Energieprojekte sehr günstigen Strom für Bürger und Gemeinde liefern können.  Auf diese Weise kann privates Kapital mobilisiert werden und gleichzeitig öffentliches Geld gespart werden. – Suchet der Stadt Bestes, ohne dass es viel kostet.

Liebe Anwesende, zum Besten der Stadt wollen wir die Menschen zum einen fördern – z.B. durch die genannten Bürgerbeteiligungsmodelle -, zum anderen wollen wir sie aber auch in Maßen fordern. So gibt es etwa immer wieder rasante Geschwindigkeitsübertretungen bis hin zu illegalen Autorennen bei uns. Das führt zu einem gewaltigen Sicherheitsrisko und zu einer hohen Lärmbelastung der Anwohnenden. Wir sind dafür, Blitzeranlagen in Clichystraße und Steigstraße aufzustellen. Wie die beiden bereits vorhandenen Blitzeranhänger zeigen, hat das auch den positiven Nebeneffekt, dass wir als Stadt (über Bußgelder) Einnahmen bekommen, die dann wieder allen Bürger*innen zugutekommen können, insbesondere ökologischen Projekten.

An dieser Stelle möchten wir den Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Umwelt, Herrn Käpplinger, bei seinem Projekt unterstützen, mit der von ihm geplanten Fußgänger- und Fahrradbrücke über die Bahngleise „dicke Bretter“ zu bohren, wie er es ausgedrückt hat.

IV.3

Neben Sicherheit und Gesundheit der Bürger*innen durch verschiedene Maßnahmen ist auch ein gutes Klima im übertragenen Sinne für das Stadtbeste wichtig: Ein gutes Zusammenleben aller, die hier leben, ob Jung oder Alt, hier geboren oder zugezogen, wohlhabend oder weniger wohlhabend, ist entscheidend für den Stadtfrieden. Teilweise erleben wir Unmut, Politikverdrossenheit oder dass sich Bürger*innen bei manchen Projekten nicht genug mitgenommen fühlen. Als Stadträt*innen versuchen wir, für die Belange der hier Wohnenden ein offenes Ohr zu haben. Und Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Salomo, haben ja so manche Bürgerspaziergänge gemacht.  – Wir möchten zusätzlich anregen, die öffentliche Bürgerfragestunde so wie heute etwa viermal im Jahr anzubieten. Wir erachten es als wichtig, die Menschen ernst zunehmen mit ihren Bedürfnissen und Anfragen.  – Eigentlich könnten wir uns ein eigenes Bürgerbüro für bürgernahe Kommunikation vorstellen, wie es das in St. Pölten gibt. Doch im Sinne der Haushaltsdisziplin fordern wir keine extra Ausgaben, sondern hoffen, dass solche vermehrten Bürgerfragestunden – vorher gut angekündigt – die Demokratie und die Nähe zu den Menschen unserer Stadt fördern.

V.

„Suchet der Stadt Bestes!“

 Liebe Zuhörende, Voraussetzung dafür, dass wir der Stadt Bestes finden, ist es, dass alle an der Umgestaltung der Gesellschaft mitwirken: dass wir gemeinsam versuchen, nachhaltig und klimaneutral zu werden. Dazu gehören neben der Bevölkerung auch die Wirtschaft und die Gewerkschaften, weil alle wissen, dass es nötig ist.  Wenn ich sage, alle wissen es, ist das nicht einfach eine Floskel. Den Parteiprogrammen einiger Parteien in unserem Land bzw. Ländle ist gemeinsam, dass sie den Klimaschutz als wichtig oder sehr wichtig erachten:

Im Parteiprogramm der Freien Wähler Baden-Württemberg steht: „Fragen des Klimaschutzes, der Energiewende, des nachhaltigen Wirtschaftens und des Erhalts der natürlichen Lebensgrundlagen sind sehr wichtig“.

Die CDU Baden-Württemberg schreibt: „Wir stehen uneingeschränkt zu den Klimazielen von Paris, Brüssel und Berlin. Wir wollen sie umsetzen – und zwar sowohl im Land als auch weltweit“.

Die SPD zählt im Landtagswahl-Programm 2021 den Klimaschutz zu ihren „wichtigsten Fünf“. „Klimaschutz ist eine zwingende Notwendigkeit für die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg.“

Unnötig, hier das Parteiprogramm von uns Grünen und ödp zu erwähnen…  

Alle wissen es. (Manche wollen es vielleicht nicht wissen…) Es gilt nun, die Lücke zwischen Wissen und Tun zu schließen. Damit können wir wirklich das Beste zu erreichen, auch wenn das Veränderungen mit sich bringt. – Mutmachend sind hier die erfolgreichen Transformationsgeschichten in der Ausstellung der IHK, die gestern in Schnaitheim eröffnet wurde. Unter der Überschrift „Die Zukunftslieferer“ stellen 16 Unternehmen aus unserer Region hier vor, welche Chancen, ja wirtschaftlichen Vorteile, in der bewusst angegangenen Umwandlung ihrer Unternehmen liegen.

Ich halte fest: Ohne Klimaschutz ist alles nichts. – Mit Transformation und Nachhaltigkeit ist alles etwas – mit Hitze-, Lärm- und Hochwasserschutz, mit der Umrüstung hin zu erneuerbaren Energien. So werden wir zukunftsfähig sein.

Dafür braucht es ein gutes Miteinander in all unserer Verschiedenheit, liebe Anwesende. Wir sind in manchem einig, aber in manchem auch unterschiedlich – in den Fraktionen ebenso wie innerhalb der Stadtverwaltung. Für das Wohl der Stadt ist es wichtig – so erlebe ich das – eigene Befindlichkeiten hintenanzustellen, um miteinander nach den besten Lösungen zu suchen. Lasst uns das gemeinsam tun!

Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam

Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – ödp

  • Wir beantragen, dass die Stadt Heidenheim ihren Einfluss bei den Stadtwerken HDH geltend macht, um Bürgerbeteiligungsmodelle für erneuerbare Energieanlagen anzubieten.Auf diese Weise kann privates Kapital mobilisiert und öffentliche Gelder eingespart werden.
  • Wir beantragen, dass die Stadt Heidenheim ihren Einfluss bei den Stadtwerken HDH geltend macht, um die Erhöhung der Dividende der Stadtwerke weiter fortzuschreiben.
  • Wir beantragen eine multifunktionale Geschwindigkeitskontrollsäule, die variabel bestückbar ist, auch als Leersäule in der Clichystraße/Wilhelmstraße sowie in der Steigstraße. Begründung: Verkehrssicherheit und Entschleunigung des Verkehrs sowie Erhöhung der Einnahmenseite.
  • Wir beantragen einen Zebrastreifen zwischen dem Bahnhof und dem Hellenstein- Gymnasium sowie St. Pöltener Straße/ Erchenstraße bei den bestehenden Verkehrsinseln. Begründung: Verbesserung der Verkehrssicherheit