Haushaltsrede Kreistag

Grüne und Unabhängige/ÖDP

Fraktion im Kreistag des Landkreises Heidenheim

Michael Sautter, Fraktionsvorsitzender                     10.11.2025

Stellungnahme zum Haushaltsplan 2026

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Landrat,

sehr geehrte Damen und Herren,

eigentlich könnte ich es mir in der technologisch rasch fortgeschrittenen Zeit einfach machen und meine Etatrede ganz oder teilweise durch die KI mit Hilfe von ChatGPT verfassen lassen. Doch das würde meinem Bedürfnis nach Individualität wieder sprechen.

Stattdessen habe ich einmal frühere Reden „durchforstet“ und bin dabei auf interessante kommunalpolitische Parallelen zu heute gestoßen.

Auf den Tag genau vor 22 Jahren durfte ich meine Haushaltsrede für das Jahr 2004 halten. Obwohl das BIP auf 2.000 Milliarden Euro in 2002 gestiegen war, so meine damalige Recherche, waren wir in der Bundesrepublik nicht in der Lage, unsere wirtschaftlichen Probleme und die öffentliche Finanznot zu lösen. Hauptleidtragende waren schon damals vor allem die Kommunen. Meine Rede begann ich daher mit der Forderung: „Jetzt ist die große Politik gefordert den Kommunen zu helfen.“

Nach der weltweiten Abschwächung der Konjunktur in 2001/2002 hoffte man auf ein rasches wirtschaftliches Wachstum. Erinnert sei an die Dotcom-Blase.

Und wie stellt sich unsere Situation heute dar? 

Wieder sehen wir uns vor scheinbar unüberwindbare wirtschaftliche und soziale Probleme gestellt. Von der Agenda verschwunden ist das Thema Klima- und Naturschutz.

Wieder beklagen wir ein mangelndes wirtschaftliches Wachstum. Dabei befinden wir uns mit unserer Wirtschaftsleistung gegenüber 2002 weltweit noch immer auf Platz drei, auch wenn Japan seinen zweiten Platz an China abgeben musste.

Mit über 4,3 Billiarden Euro hat sich unser BIP in den letzten 22 Jahren nominal mehr als verdoppelt!

Der materielle Wohlstand unserer Bevölkerung ist größer denn je, auch wenn nicht alle gleichermaßen daran partizipieren.

Privater Reichtum und öffentliche Armut, so lässt sich vor allem die Lage der Kommunen beschreiben, deren Finanznot in der Tat größer denn je ist.

Zu Recht schlagen die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände Alarm.

Im Jahr 2024 lag das Finanzierungsdefizit der Städte und Gemeinden bei 24,3 Milliarden, das größte Minus aller Zeiten – mehr als das Dreifache während der großen Finanzkrise 2009/2010. Und für dieses Jahr wird gar eine Finanzlücke von 35 Mrd. Euro prognostiziert.

Obwohl die Kommunen ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben erfüllen, erhalten sie nur ein Siebtel aller Steuereinnahmen.

Eine solche Schieflage kann dauerhaft nur durch eine radikale Struktur- und Steuerreform beseitigt werden:

  • Höhere Anteile an den Gemeinschaftssteuern
  • Strikte Umsetzung des Konnexitätsprinzips, insbesondere bei den sozialen Aufgaben
  • Entlastung der Kommunen und Landkreise von den Kosten des Gesundheitswesens
  • Alternative Steuermodelle zur Reform der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer

Zwar werden solche Lösungsansätze schon seit Jahren diskutiert, allein mir fehlt inzwischen der Glaube, dass uns die große Politik, wie schon 2003 gefordert, dabei hilft. Ob es jemals ein salomonisches Ergebnis, in der Finanzneuordnung zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen geben wird, kann vielleicht der Heidenheimer Oberbürgermeister beurteilen.

Mit Blick auf meine Heimatstadt hat mich der Bericht in den Tagesthemen vor einer Woche nicht gerade zufrieden gestimmt.

Im Vergleich zu vielen anderen Städten geht es unserer Kreisstadt relativ gut.

Immerhin bemüht sich jetzt unser Land, die schlimmste Finanznot zu lindern. In einem ersten Schritt stellt Baden – Württemberg kurzfristig Liquiditätshilfen bereit und kündigt diese auch für das Jahr 2026 an.

67% der Investivmittel des Sondervermögens, die dem Land zur Verfügung stehen, sollen an die Kommunen fließen. Zusätzliche Zahlungen über die FAG – Mittel und das BTHG, sowie eine dauerhafte Beteiligung an den laufenden Kosten des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung im Grundschulalter.

Bleibt abzuwarten, wie sich diese Zuwendungen auf die Haushalte der Kommunen in unserem Landkreis auswirken. Die Rettung unserer Kreisfinanzen werden sie nicht bringen.

Sehr geehrter Herr Eisele, in einer E-Mail, die Sie vor kurzem an die Fraktionsvorsitzenden versendet haben, baten Sie uns bzgl. genauerer Zahlen um Geduld.

Meine Planbetrachtungen daher mit Vorbehalt.

Allein der Blick auf die mittelfristige Schuldenentwicklung von 68,54 Mio. Euro in 2026 auf 124,12 Mio. Euro im Jahr 2029, erfüllt uns mit Sorge, wobei vor allem die Trägerdarlehen für unsere Klinikum zu Buche schlagen.

Weitere Verluste im Ergebnishaushalt – geplant für 2026 sind 8 Millionen – können wir uns nicht länger leisten.

Bleibt zu hoffen, dass durch geeignete Einsparungen in den Teilhaushalten am Ende des Haushaltsjahres 2026 vielleicht einmal mehr eine Ergebnisverbesserung erzielt wird.

Eine mittelfristige Ertragsverbesserung strebt unser Kämmerer durch eine Anhebung der Kreisumlage an. Mal sehen, wie die Städte und Gemeinden darauf reagieren, wenn der Hebesatz von 35,5 % – Punkten auf 40,5 % in 2028 steigt. So die Planung.

Noch ein Auszug aus meiner Etatrede für das 2004 gefällig? Damals konnte ich folgende Feststellung treffen: „Anerkennung und Lob gebührt allen Beschäftigten unseres Klinikums; vom Pflegepersonal, über die Ärzteschaft, bis hin zur Verwaltungsspitze, denen es bis heute gelungen ist, diese Einrichtung defizitfrei über die Runden zu bringen! Eine nicht ganz alltägliche Leistung, die dem Kreishaushalt Kummer und Ausgaben erspart.“ Das war einmal!

Zugestanden, eine umfassende Sanierung unseres Klinikums war unumgänglich.

Trotzdem darf es nicht sein, dass wir unser Klinikum dauerhaft mit Millionenbeträgen unterstützen und dadurch liquide Mittel verlieren, die wir für andere wichtige Aufgaben benötigen. Wir befürworten daher die Klinikstrategie 2030 die die „schwarze Null“ verfolgt.

Doch auch der Bund muss jetzt endlich aufzeigen, wie es mit dem Gesetz zur Krankenhausreform weitergeht, denn nur so können wir aus der finanziellen Schieflage kommen, in der sich die meisten Krankenhäuser befinden.

Wichtige Beschlüsse hat der Kreistag in seinen letzten Sitzungen getroffen:

die Sanierung unseres BSZs beginnt mit einem Neubau im kommenden Jahr und bringt so die weiteren Erneuerungen im Altbestand in die Gänge.

Die wichtigen Vertragsabschlüsse für den Ausbau unserer Brenzbahn in der vergangenen Woche, wurden zu Recht als historisch bezeichnet. Mit der Planung und dem Bau beginnen, im wahrsten Sinn des Wortes, bahnbrechende Zeiten.

Sehr geehrter Herr Landrat, in Ihrer Rede haben Sie wichtige Themen angesprochen, die wir vollumfänglich mittragen können.

Auf zwei dieser Themen, die von hoher Umwelt- und Klimarelevanz geprägt sind, möchte ich näher eingehen.

1. Erneuerbare Energien

Zu den bestehenden Standorten von Windenergieanlagen werden in nächster Zeit noch deutlich mehr hinzukommen und so die vorhandene Nennleistung auf 290 MW mehr als verdoppeln. Bleibt zu hoffen, dass die höhere Förderquote nach dem EEG im windschwächeren Süden bestehen bleibt. Eine angedachte Gesetzesänderung durch die Bundesregierung darf es keinesfalls geben.

Weitere Gemeinden in unserem Landkreis – ich nenne nur Herbrechtingen und Hermaringen – werden zukünftig durch beantragte Windkraftanlagen finanzielle Vorteile erlangen. Bzgl. der immissionsschutzrechtlichen Verfahren die in Arbeit sind (Teichhau) oder noch anstehen, bitten wir über zeitnah informiert zu werden.

Bei Photovoltaik – Anlagen sind noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft:

  • Weitere Nutzung der Dachflächen großer Logistik- und Industriehallen
  • Aufständerungen über großen Parkplätzen
  • Verwirklichung von mehr Artenvielfalt beim Bau von Solarparks
  • Zukunftsprojekte auf der Basis von Agri – Photovoltaik

Lassen sie uns die Themen engagiert weiterverfolgen. Natürlich braucht es parallel dazu endlich einen raschen Ausbau des Niederspannungsnetzes.

Richtig spannend wird eine erfolgreiche Energiewende mit weiteren technologischen Entwicklungen: Batteriespeicher, wie sie jetzt in Gundremmingen aufgestellt werden, oder Elektrolyseure (Testbetrieb in Schwäbisch Gmünd) sollten auch in unserem Landkreis Standorte finden. Gerne hören wir uns hierzu eine Beurteilung unseres Wirtschaftsbeauftragten an.

2. Mobilität

Nach fünfjähriger Laufzeit ist im Oktober der Mobilitätspakt Aalen – Heidenheim zu Ende gegangen. Auf Nachfrage im Verkehrsministerium wurde Folgendes vermerkt: „Die Evaluation hat bestätigt, dass der Mobilitätspakt ein erfolgreiches Instrument für die Lösung von Verkehrsproblemen ist. Und das, obwohl sich bisher sichtbar kaum etwas getan hat, der Verkehrskollaps nach wie vor kurz bevorsteht.“

 Auf der Internetseite des Mobilitätspaktes finden sich lobenswerte Vorschläge, die vor allem den Umweltverbund im Verkehrssektor stärken sollen. Was wurde daraus?

Wir beantragen, dass im Kreistag über die Ergebnisse berichtet wird und dabei auch Vertreter aus den jeweiligen Arbeitsgruppen zu Wort kommen. Außerdem sollten wir uns mit dem Folgeformat auseinandersetzen: schlagkräftig und effizient, wie es unser Verkehrsminister Winne Hermann fordert.

Die Tatsache, dass die Partnerinnen und Partner des Mobilitätspaktes bereits am 5. November eine Vereinbarung zur Fortführung bis 2030 unterzeichnet haben, wird von uns begrüßt.

Genügend Stoff also, sich mit dem Thema, vielleicht sogar in einer Klausurtagung, zu befassen. Die Einbindung und Information des Kreistages sollte unerlässlich sein.

Ein größerer Teil des motorisierten Individualverkehrs könnte durch Fahrräder ersetzt werden, die sich bekanntlich technologisch – z.B. Pedelecs – enorm verbessert haben.

Für einen Umstieg braucht es allerdings nicht nur dringend einen Bewusstseinswandel der Verkehrsteilnehmer, sondern auch sichere und schnelle Radwegeverbindungen. Der letzte Radwegeplan stammt aus dem Jahr 2010

„Mit der Fertigstellung des Radverkehrskonzepts ist im Sommer 2025 zu rechnen.“ So ist auf der Seite des Landkreises zum Thema Alltagsradverkehr zu lesen.

Unser Radkoordinator kann uns sicherlich über den Stand der Dinge berichten.

Erinnert sei nochmals an eine frühe Evaluation unseres On-Demand-Verkehrs, die wir ja schon in der beschlussfassenden Kreistagssitzung gefordert haben.

Unsere Straßenmeisterei

CO2 – Einsparungen sind in vielen Bereichen möglich: z. B. der Einsatz synthetischer Kraftstoffe beim Fuhrpark unserer Straßenmeisterei. In Saarbrücken wird seit Januar erfolgreich der Einsatz von HVO100 – Diesel praktiziert.

Die Pflege der Straßenränder und Böschungen dient zweifelsohne der Verkehrssicherheit. Was wird getan, um diese Pflege so naturverträglich wie möglich zu gestalten?

Unser Abfallwirtschaftsbetrieb

Dieser Tage war zu lesen, dass man in Reutlingen mit High Tech gegen Störstoffe in der Biotonne vorgeht. Welche Maßnahmen werden diesbezüglich, zusammen mit unserem Entsorgungsbetrieb, im Landkreis Heidenheim unternommen?  

Wie geht es mit der teuren Überdachungslösung für die Altstoffe weiter? Gegen eine teure Neugestaltung des Bodens, wie von der Aufsichtsbehörde gefordert, sollten wir Widerspruch einlegen.

Und wann können wir uns mit einem Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung unseres Abfallwirtschaftsbetriebs beschäftigen?

Für unsere Fraktion ist es ein wichtiges Anliegen, den Biomüll und die verholzten Abfälle endlich energetisch zu nutzen.

Alle meine Fragen, Anregungen und Vorschläge – darum bitten wir – sind im Sinne von Anträgen sachgerecht in den Ausschüssen und im Kreistag zu behandeln.

Für das zu Ende gehende Haushaltsjahr 2025 hat das vorbildlich funktioniert, wofür wir uns bedanken. Und auch die Fortführung unserer Waldbegehung würden wir begrüßen.

Damit komme ich auch bereits zum Dank an diejenigen, die bei der Erstellung des Haushaltsplans mitgewirkt haben.

Ihnen danke ich fürs Zuhören.