Haushaltsrede Kreistag 4. Dezember 202410. Dezember 2024 Grüne und Unabhängige/ÖDP Fraktion im Kreistag des Landkreises Heidenheim Michael Sautter, Fraktionsvorsitzender 11. 11. 2024 Stellungnahme zum Haushaltsplan 2025 (es gilt das gesprochene Wort) Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren, dass sich die politische Stimmung für eine Partei sehr schnell ändern kann, das mussten wir Grünen in den vergangenen Monaten erfahren. Die Gründe sind bekannt. Und wie es nach dem Bruch der Ampelkoalition weitergeht, bleibt aktuell Spekulation. Wider Erwarten hat der besagte Stimmungswandel auch auf der kommunalen Ebene durchgeschlagen. Euphorie nach der Kreistagswahl 2019, die uns neun Mandate beschert hatte und nun die bittere Enttäuschung nach dem Urnengang im Juni. Trotz einer engagierten Arbeit im Kreistag, mussten wir uns gleich von vier Mitgliedern unserer Fraktion verabschieden. An dieser Stelle möchte ich ihnen für ihren Einsatz nochmals recht herzlich danken. Nichtsdestotrotz werden wir den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern uns auch weiterhin mit den vielfältigen Aufgaben unseres Landkreises auseinandersetzen; Aufgaben die in der langjährigen Geschichte des Kreistags noch nie so herausfordernd und schwierig waren. Lassen sie mich nur verkürzt auf die drei Hauptthemen eingehen, die uns in der Klausur und in den vergangenen Monaten beschäftigt haben: 1. Unser Klinikum Meine letzte Etatrede galt dem Haushaltsjahr 2018. Schon damals habe ich mich kritisch unserem Sorgenkind Klinikum zugewandt und bezweifelt, dass wir bis 2020 die schwarze Null in der Bilanz schaffen. So das Versprechen des damaligen Geschäftsführers Lavendel von Oberender & Partner. Stattdessen landeten wir bei einem Defizit von 2, 64 Millionen – so meine Recherche stimmt. Und heute? Der Verlust für dieses Jahr liegt im zweistelligen Millionenbereich und die aktuellen Prognosen für die nächsten Jahre sehen noch düsterer aus. Die Ursachen sind ihnen bekannt und wurden hinlänglich diskutiert. Das Prinzip Hoffnung allein genügt nicht. Jetzt kommt es darauf an, was uns das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz im Bundesrat am 22. November bringt. Das Ärzteblatt sieht schon heute eine knappe Abstimmung; möglicherweise geht es in den Vermittlungsausschuss. Mit wichtigen Beschlüssen in der letzten Kreistagssitzung – zum Strategieprozess Gesundheitsvorsorge im Landkreis und zur Weiterfinanzierung Bauabschnitt IIIa – haben wir wichtige Zukunftsentwicklungen auf den Weg gebracht. Als Landkreis werden wir unserem Klinikum – und dazu bekennt sich auch unsere Fraktion – weiterhin zur Seite stehen. Das schulden wir den Beschäftigten und unserer Bevölkerung, für die diese Einrichtung unverzichtbar ist. Dass unser Schuldenstand, durch die über unseren Landkreis finanzierten Klinikinvestitionen, auf ein historisches Rekordhoch von 120 Millionen steigt, ist natürlich mehr als besorgniserregend. 2. Ausbau Brenzbahn Sehr geehrter Herr Landrat, ihr Engagement bei diesem Thema ist wirklich vorbildlich und sicherlich nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Zusammen mit ihnen werden wir darum kämpfen, zumindest zeitnah die Ausbauphasen I und II zu erreichen. Dann hätten wir schon deutliche Verbesserungen, nämlich einen einstündigen Takt des IRE mit verbesserten Anbindungen an den Fernverkehr in Ulm und Aalen. Und auch weitere Haltepunkte entlang der Strecke könnten relativ zeitnah verwirklicht werden. Verbesserungen für den Güterverkehr, wie sie dieser Tage von der BSH gefordert wurden, sind bei der Planung ebenfalls zu berücksichtigen. Das langfristige Ausbauziel der Elektrifizierung in der Phase III muss natürlich genauso weiterverfolgt werden. 3. Generalsanierung Berufsschulzentrum Ein Thema, das wir auch schon seit Jahren vor uns herschieben. Mit einem Kostenblock von 85 Millionen in den kommenden 10 Jahren soll diese Mammutaufgabe bewältigt werden. Kann aus heutiger Sicht bereits beurteilt werden, wie hoch die Schulbaufördermittel des Landes für den Neubau und die weiteren Sanierungsmaßnahmen ausfallen werden? Und wie sieht es mit den Plänen für die Kranken – und Altenpflege aus? Ein Standort beim Klinikum oder weiterhin die bisherige Regelung? Neben der Gefahr eines Dritten Weltkrieges, bedroht der Klimawandel, der einem Kipppunkt zusteuert, einen Großteil der Menschheit auf diesem Planeten. Die weltweiten Treibhausgasemissionen sind laut einem UN-Bericht im vergangenen Jahr auf einen Höchststand gestiegen. Heute ist der Beginn der Weltklimakonferenz in Baku. Die Vereinten Nationen fordern einmal mehr verstärkte Anstrengungen gegen den Klimawandel. Die weltweiten Naturkatastrophen treffen immer häufiger und immer schneller auch uns in Europa und in Deutschland. Gigantische Regenmassen – wie zuletzt in Spanien – verursachen Leid und Elend: zahlreiche Tode und Vermögensverluste in Höhe von mehreren Milliarden. Und trotzdem bleiben die Verantwortlichen in der Politik und in der Wirtschaft von diesen bedrohlichen Entwicklungen unbeeindruckt. Nicht anders verhält es sich bei großen Teilen unserer Bevölkerung. Vor Ort haben wir daher die moralische Pflicht, alle nur erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen. Eine zielgerichtete Nachhaltigkeitspolitik muss auch in unserem Landkreis höchste Priorität genießen. Der Rahmen meiner Rede wäre überstrapaziert, wenn ich die folgenden Themen ausführlich darstellen würde. Ich gehe davon aus, dass Ihnen klar ist, was damit gemeint ist. Deshalb nur stichwortartig die wichtigsten Aufgaben und Vorsorgemaßnahmen, die wir treffen müssen: Berücksichtigung von Starkregenereignissen Darstellung von Siedlungsflächen die vom Hochwasser bedroht sind Maßnahmen zum Hochwasserschutz Umgang mit Dürre und Hitze Flächen – und Waldbrände Ernteausfälle in unserer Landwirtschaft Gesundheitliche Gefahren für die Bevölkerung Verlust der Artenvielfalt Netzausbau im Zuge des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien (Strom und Wasserstoff) Gerne gehe ich auf die wichtigsten Akteure ein, auf deren Einsatz wir bei der Umsetzung dieser Nachhaltigkeitspolitik angewiesen sind. Da wäre die ZEKK, die wir Ende 2022 mit Mehrheitsbeschluss gegründet haben. Diese Gesellschaft findet auch weiterhin unsere volle Unterstützung. Mit Frau Anja Bittner haben wir eine engagierte Geschäftsführerin, die mit hoher Sachkompetenz unterwegs ist. Eine örtlich zentralere Unterbringung der Geschäftsstelle wäre wünschenswert. Und um die vielfältigen Beratungsdienstleistungen und andere Aufgaben erfüllen zu können braucht es auf Dauer sicherlich mehr Personal. Herr Landrat, gerne würden wir in einer Kreistagssitzung mit ihnen und Anja Bittner diese Fragen erörtern und könnten so auch einen detaillierten Einblick in die Arbeit der ZEKK erhalten. An der Spitze des Fachbereichs Wald und Naturschutz steht seit März des Jahres Herr Michael Laible. Mit ihm sollten wir folgende wichtige Fragen erörtern: Wie sieht die Situation der Wälder in unserem Landkreis aus, nachdem es den Waldbeständen bundesweit immer schlechter geht? Wälder eine CO2 Senke oder sogar eine Kohlenstoff Quelle, wie erst jetzt eine Studie ergeben hat Klimaresilienter Waldumbau Renaturierung von Niedermoorflächen als CO2 – Senken, von denen noch Restflächen im Brenztal vorhanden sind Eine Waldbegehung des Kreistags in regelmäßigen Abständen und an unterschiedlichen Orten wäre sicherlich sinnvoll und könnte auch mit Fragen des Tourismus verbunden werden. Im Fachbereich Landwirtschaft ist unsere Bio – Musterregion Heidenheim plus verankert. Seit dem Zuschlag durch das Land Anfang 2018 wurde unter diesem Markenzeichen eine wertvolle ökologische Arbeit für unseren Landkreis geleistet. Zu verdanken ist dies vor allem den vielfältigen Veranstaltungen, die von von Sarah Hausler und Antonia Kotschi vorbereitet und angeboten werden. Weiter so! Der Verkehrssektor in Deutschland vermasselt das Ziel der CO2 – Reduktion gründlich, da der Kohlenstoffeintrag in die Atmosphäre seit 1990 hier unvermindert ansteigt. Mit den Verantwortlichen im Fachbereich Mobilität und Straßenbau versuchen wir daher dieser Entwicklung vor Ort entgegenzuwirken. Ein überaus mühseliges Unterfangen mit mäßigem Erfolg. „Dicke Bretter bohren“ wollen wir trotzdem weiterhin mit folgenden Zielen: Verbesserung eines preiswerten ÖPNV – Angebots An Lösungen arbeiten für autonom fahrende Kleinbusse, vergleichbar mit den Erprobungen in Mannheim und Friedrichshafen Früheste mögliche Rückholung der verlorengegangen Linienbündel West und Nord-Ost, um unsere HVG wieder zu stärken Einsatz zusätzlicher E – Busse Ruftaxis Förderung der Elektromobilität Ausbau des Radwegenetzes und Weiterbeschäftigung unseres Radkoordinators Geschwindigkeitsbegrenzungen in und außerhalb der Ortschaften des Landkreises Einmal mehr enthält der Regionalplan 2035 eherne Ziele mit Blick auf die zukünftigen Siedlungsflächen, die Landwirtschaft, Klima, Natur- und Umweltschutz. Bleibt zu hoffen, dass die Pläne nicht – wie in der Vergangenheit immer wieder geschehen – durch Zielabweichungsverfahren konterkariert werden. Wie hoch war denn der Flächenverbrauch für Wohnen, Gewerbe, Straßenbau und andere Nutzungsarten in den vergangenen Jahren im Landkreis und in der Region? Dann wird uns vielleicht vor Augen geführt, dass es so nicht weitergehen kann. Die Notärztin Lisa Federle kritisierte dieser Tage, dass es auf Bundesebene bis heute keine Aufarbeitung der Corona – Pandemie gibt. Wörtlich: „Ich finde es eine Katastrophe, wie man mit der Aufarbeitung von Corona umgeht“. Auch wir im Landkreis waren von dem umfangreichen Regelwerk des Bundes und der Länder betroffen. Schlagwortartig seien genannt: Maskenpflicht Impfpflicht und daraus folgende Impfschäden Schließung von Kindergärten und Schulen Nächtliche Ausgangssperren Kontaktsperren Testcentren und vieles mehr Um nur einige Beispiele zu nennen, die teilweise zu erheblichen Kollateralschäden geführt haben. Bis heute müssen sich die Jugendämter, die Schulen, die Jugend- und Kinderpsychiatrie mit den Folgen auseinandersetzen. Lassen sie uns überlegen, ob wenigstens vor Ort eine geeignete Aufarbeitung und Bewertung mit den Hauptverantwortlichen in einer geeigneten Veranstaltungsform durchgeführt werden könnte. Aus dem Fachbereich Gesundheit sollte uns Christoph Bauer hierzu eine erste Einschätzung geben. Beim Thema Migration und Flüchtlinge, das ja auch unseren Landkreis betrifft, erleben wir derzeit eine aufgeheizte Stimmungslage. Die negativen Schlagzeilen der Boulevardpresse und der Rechtspopulisten, Polemik und fake news in den sozialen Medien schaffen ein demokratiefeindliches Umfeld, das unseren gesellschaftlichen Frieden bedroht. Eine Versachlichung der Diskussion, gerade auch vor Ort, tut Not. Bei einem Großteil der Flüchtlinge, die seit 2015 in unser Land gekommen sind, ist eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt gelungen. Wie sieht diesbezüglich das statistische Zahlenwerk in unserem Landkreis aus? Herr Köble vom Jobcenter kann uns dabei sicherlich weiterhelfen. Ein häufig diskutiertes Thema ist auch immer wieder der Bürgergeldbezug für Flüchtlinge aus der Ukraine. Herr Landrat, sie sprechen von 2037 Personen die im September gemeldet waren. Wie hoch ist die Personenzahl, die in ein Erwerbsleben vermittelt werden konnte und wie viele ukrainische Bürger gehören zu den Empfängern von Bürgergeld? Ich erspare es ihnen, das gesamte Zahlenwerk unseres Haushaltsplans nochmals „rauf runter zu beten“. Unser Landrat und unserer Kämmerer haben diese Aufgabe bei der Einbringung übernommen. Unter Beachtung der Anforderungen der Haushaltsdoppik wurde ein Plan erstellt, der dem Kreistag und der Verwaltung eine zielgerichtete Kreispolitik im kommenden Jahr ermöglicht. Ein Defizit von 7,3 Millionen im Ergebnishaushalt und eine schwindende Liquidität bereiten natürlich auch unserer Fraktion große Sorgen. Unsere Finanzlage ist angespannter denn je. Ein weiter so darf es nicht geben. Die großen Aufwandsposten liegen bekanntlich bei unseren Pflichtaufgaben im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe; da lässt sich nur schwer rütteln. Wirklich ärgerlich ist der gewaltige bürokratische Aufwand bei der Umsetzung des BTHG auf der Grundlage des Landesrahmenvertrags. Gibt es hier die Möglichkeit die Prozesse zu verschlanken? Wir gehen davon aus, dass auch im kommenden Haushaltsjahr in allen Produktbereichen und den jeweiligen Produktgruppen zusätzliche Sparmaßnahmen ausgelotet und auch umgesetzt werden, um so das Ergebnis doch noch deutlich verbessern zu können. An der Erhöhung der Kreisumlage um 4,5% – Punkte führt wohl kein Weg vorbei. Wir werden ihn mitgehen. Abschließend ein Blick auf unseren Abfallwirtschaftsbetrieb Die Abfallgebühren bleiben in 2025 ja noch einmal unverändert; spätestens im Jahr 2026, davon gehen wir aus, wird man um eine Anhebung aufgrund des Defizits im Ergebnishaushalt und der schwindenden Liquidität nicht mehr herumkommen. Was uns irritiert, sind die Anmerkungen im Wirtschaftsplan zu Sanierungsarbeiten im Biokompostwerk. Die Rede ist vom Bodensystem in der Intensivrotte. Für entsprechende Planungen sind hierfür 50.000 Euro vorgesehen. Sind diese Maßnahmen denn überhaupt noch sinnvoll mit Blick auf Überlegungen unseren Biokompost zukünftig energetisch zu nutzen? Stellt eine Nassvergärung eine Lösung dar und sind weitere Partner mit ins Boot zu holen? Braucht es einen anderen Standort, der dann aber nahe dem Abfallwirtschaftsbetrieb liegen sollte. Es ist an der Zeit, dass ein tragfähiges Konzept vorgelegt wird, um es im Ausschuss und im Kreistag erörtern zu können. Alle meine Fragen, Anregungen und Vorschläge – darum bitten wir – sind im Sinne von Anträgen sachgerecht in den Ausschüssen und im Kreistag zu behandeln. Und damit komme ich auch bereits zum Dank an diejenigen, die bei der Erstellung des Haushaltsplans mitgewirkt haben. Ihnen danke ich fürs Zuhören.