Haushalt GR Heidenheim 2021

Heidenheim, den 05. November 2020

Stellungnahme zum Haushaltsplan 2021

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
Sehr geehrter Herr Kämmerer,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Bevor ich die Frage beantworte, ob wir dem Haushalt zustimmen, möchte ich einen Dank an alle Akteure in unserer kommunalen Gemeinschaft richten.

Ich danke auch den vielen Ehrenamtlichen in unserer Stadt, die sich auf vielfältige Weise einbringen sowie den Mitarbeiter*innen der Gesundheitsdienste, aber auch des Gesundheitsamtes und allen, die mithelfen in diesen Tagen die Infektionszahlen niedrig zu halten. Ein aufrichtiger Dank gilt den Unternehmen und Gewerbetreibenden und der Bürgerschaft, die mit ihren Steuern unseren Etat bestücken. Und nicht zuletzt danke ich auch Ihnen Herr Oberbürgermeister und der Verwaltung für eine gute Zusammenarbeit.

Alle setzen ein deutliches Zeichen der starken Gemeinschaft in Heidenheim, nicht nur in Krisenzeiten. Diese gilt es auch stark in die Zukunft zu schicken.

Viele gute Dinge wurden angestoßen oder begonnen. Denken wir an den Wettbewerb Innenstadt, die energetische Renovierung des Rathauses, die Modernisierung der Kläranlage, die Resolution gegen Rassismus.

Die Zahlen jedoch im Haushaltsentwurf 2021 sind ambitioniert und zugleich
schmerzhaft, wenn wir die Kreditaufnahme bedenken. Das Polster schmilzt. Wir wollen unseren Haushalt absolut und nach unserem Eigenmaß ausrichten. Ein Vergleich zu anderen Kommunen sollte die prekäre Lage dabei nicht schönen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, auch mit dem Gefühl, dass uns die „Hände gebunden“ sind, tragen wir ihr „Prinzip Hoffnung“ mit und werden diesem Haushalt sicherlich zustimmen.

Unser Gremium hat sich wiederholt zu den 17 Zielen der Nachhaltigkeit bekannt. Diese Ziele müssen die Grundlage für unser Handeln werden. Aktuell leben wir über unserem Niveau und wir bürden unseren Nachkommen eine hohe Last auf.

Mit der neuen Haushaltsschreibung zeigt uns die Doppik ungeschminkt und ohne
Umschweife auf wie die Dinge stehen. Nicht mal die Abschreibungen können wir dieses Jahr erwirtschaften. In der Krise müssen wir leider über unsere Verhältnisse agieren. Ein Lichtblick könnten da noch die versprochenen Hilfen von Land und Bund sein.

„Wer, wenn nicht wir?“ wurde vor kurzem in diesem Gremium gefragt. Dabei ging es um die Frage, ob wir weiterhin investieren und an den wichtigsten Vorhaben festhalten, oder ob wir erst mal alles auf Eis legen und sparen – bis wir wissen, wie viel uns die Pandemie kostet. Die öffentliche Hand als Investor in kritischen Zeiten, dieses Engagement ist wichtig und notwendig. Aber es ist keineswegs ein Freibrief. Hier möchte ich an meine Worte von letztem Jahr erinnern „Herausforderungen von morgen nicht mit der Politik von gestern zu begegnen“.
Wir wollen Großprojekte wie in der Vergangenheit neu denken. Hohe Investitionen, repräsentativ und exquisit mit zu viel Beton sind weder generationen- noch ressourcengerecht. Es kann auch eine Nummer einfacher geplant und gebaut werden.

Wir sollten die junge Wohnbaugesellschaft der Stadtwerke stärken. Denn ein nachhaltiges Ziel wäre es, wieder über mehr Wohnraum und vor allem über bezahlbaren Wohnraum in städtischer Hand zu verfügen. Innovativ würde dieser Ansatz gar, wenn alle zukünftigen Projekte der Wohnbaugesellschaft ausschließlich auf ökologische Art und sozial gedacht würden. Den guten Ansatz auf dem Schlachthofareal gilt es hier weiterzuentwickeln.

Und weitergedacht – planen wir das nächste zu errichtende öffentliche Gebäude in Holzbauweise – innovativ und ökologisch wertvoll. Wie bei unserem gemeinsamen Waldbegang von den Forstexperten mitgeteilt: Holz als Baumaterial ist die beste Möglichkeit CO2 langfristig zu binden. Handeln wir also ganz konkret vorausschauend und generationengerecht.

Was können wir gegen die Verringerung der Liquidität und höhere Verschuldung tun? Eine Möglichkeit wie die Stadt Kosten einsparen kann, zeigt uns bereits die Aquarena. Sie wurde an die Stadtwerke outgesourct. Das können wir uns auch für das Waldbad vorstellen. Als Unternehmen haben die Stadtwerke ganz andere geschäftliche und finanzielle Möglichkeiten als die Stadtverwaltung.

Gemeinwohlorientiert, ressourcen- und generationengerecht- ausschließlich nach diesen Kriterien sollen zukünftige Entscheidungen fallen und Investitionen getätigt werden und dies ist eine wunderbare Überleitung zu unseren Anträgen.

Die Finanzierung soll in Grenzen gehalten werden, beziehungsweise ist bei den meisten Punkten neutral – Planungsgedanken also geleitet vom Ergebnis und Nutzen.

Für unsere generationengerechte Stadt beantragen wir Klimagerechtigkeit, indem der Anteil des motorisierten Individualverkehrs zugunsten der klimaschonenden Varianten Fuß- und Radverkehr sowie dem ÖPNV gefördert wird. Vor allem im Radverkehr lassen sich mit minimalem Aufwand, maximale Verbesserungswerte umsetzen.

  • Fahrradstraßen Kastorstraße und Tal- und Schlossstraße einrichten. Ein Wunsch aus der letztjährigen Haushaltsrede. Erweitert um die notwendige Traverse von Schnaitheim bis in den Südosten der Stadt Richtung Giengen und Oggenhausen.
  • Eine kurzfristig umsetzbare Möglichkeit den Radverkehr auf den Schlossberg sicherer zu machen, wäre die Freigabe des Fußgängerweges Schlosshaustraße auch für den Radverkehr.
  • Lange schon sehnen sich Bewohner*innen des Mittelrains nach einem sicheren und eindeutigem Radweg in die Stadt und nach Schnaitheim.
  • Die Stadt Heidenheim hat bereits viel gemacht im Bereich Radverkehr. Gleichzeitig sehen wir noch einen hohen Verbesserungsbedarf. Wir möchten die Entwicklung konstruktiv begleiten und beantragen einen Radwegenetzplan, der dem Rat jährlich vorgestellt wird. Im Plan ersichtlich sein sollen Bedarfe, die getätigten und die geplanten Ausgaben sowie eine klare Priorisierung der geplanten Projekte.
  • Die Installation von mindestens zwei Fahrradreparatur- und E-Bikeladestationen eine in der Innenstadt, eine weitere Nähe des Brenzparks.
  • Bisher gab es, trotz unserer Nachfrage, keine Möglichkeit für MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung, ein Jobbike zu beantragen. Hier hat das Land gehandelt und ein Gesetz verabschiedet, welches es wenigstens Beamt*innen ermöglicht, von dieser Idee zu profitieren. Wir beantragen eine zügige Umsetzung sowie es auch den Angestellten der Stadt zu ermöglichen, diesen Vorteil zu nutzen.
  • Ebenfalls erneut beauftragen wir die Verwaltung, sich aktiv und damit gestalterisch im AGFK (Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V.) einzubringen. Hier gehören wir sogar zu den Gründerkommunen. Auch hier bitten wir um einen jährlichen Bericht an den Rat.
  • Die Errichtung von Fahrradboxen im Bahnhofsareal begrüßen wir außerordentlich und wir würden uns freuen, wenn die Verwaltung diesen Schritt weitergehen würde. Denn, die gerade geschaffenen Stellplätze sind bereits restlos vergeben und es gibt jetzt schon eine Warteliste. Das spricht dafür, dass wir uns entsprechend den gesamten Bahnhofsbereich anschauen bis hin zum Parkhausareal.
  • Eine mutige und zukunftsweisende Entscheidung ist es in unseren Augen, die
    Beethoven- und Richard-Wagner-Straße in eine 30er oder 40er Zone umzuwandeln. Das wäre ein Signal von Seiten der Verwaltung, wie viel ihr der Schutz der Bevölkerung bedeutet. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung würde den Lärmpegel senken und das Sicherheitsgefühl der Anwohner*innen erhöhen. Und das Ganze um den Preis, dass die Fahrten nicht mal eine Minute länger dauern. Und schließlich wollen Autofahrer in ihrer eigenen Wohnung auch in Ruhe leben. Auf lange Sicht fordern wir die 40er Zonen in allen Wohngebieten. Dabei möchte ich auch an unseren Antrag vom letzten Jahr erinnern, dies im Bereich Innenstadt/ Fußgängerzone sowie im gesamten Gebiet von Kleinkuchen umzusetzen.
  • Um vor allem den ÖPNV attraktiver zu machen, beantragen wir die Erhöhung von Parkgebühren auf städtischen Parkflächen.Um Straßen und Plätze zu entlasten, soll Parken auf der Straße mehr kosten als das Parken in einem Parkhaus.
  • Bisher ist der Gemeinderat nicht im Verkehrsausschuss vertreten. Um die
    Transparenz und die Teilhabe des Gemeinderates an verkehrsrelevanten Formungen und auch Empfehlungen zu steigern, beantragen wir die Öffnung des Verkehrsausschusses für Gemeinderät*innen.
  • Im Rahmen des Mobilitätspakts werden wir uns stark machen für den Bau eines gesicherten Radweges von Großkuchen ins Brenztal. Dies ist Teil eines regionalen Radwegenetz.
  • Der Klimawandel ist auch in unserer Stadt angekommen. Das bedeutet für uns, dass wir unsere Stadt hitzetechnisch neu denken müssen. Wir beantragen, die Erstellung eines Hitzeplans für unsere Stadt. Dieser soll zum einen proaktiv, vor allem städtebaulich agieren und zum anderen auch spezifische Maßnahmen vorsehen, die bei Hitzeperioden der Bürgerschaft intelligent Abkühlung verschafft. Durch die planerische Vermeidung von Asphalt- oder Betonwüsten, Eliminierung von Hitzeinseln, dem Erstellen eines Maßnahmenkataloges auch für Starkregenereignisse oder für andere Klimaextreme können vielerlei effektive Maßnahmen geschaffen werden, die nicht zuletzt einen vorsorgenden Gesundheitsschutz darstellen.
  • Mit einer „Begrünungsoffensive“ wollen wir die Verwaltung dazu auffordern, alle Freiflächen im Stadtgebiet daraufhin zu begutachten, ob und welche Art von Begrünung hier möglich wäre, den oben genannten Hitzeplan unterstützend.
  • Die komplette Stadtbepflanzung soll mehrjährig, regional, insekten- und vogelfreundlich ausgerichtet sein. Es sollen kleine Stadtoasen und Stadtbiotope geschaffen werden sowie auf die Umsetzbarkeit von Urban Gardening geprüft werden.
  • Aus der Freifläche bei der Seewiesenbrücke möchten wir einen „neuen, kleinen Stadtwald“ machen, indem ab sofort in jedem Jahr der internationale „Baum des Jahres“ im Namen des Gemeinderates dort gepflanzt wird. Damit soll für zukünftige Generationen ein Heidenheimer Naturdenkmal wachsen und gedeihen.
  • Wir beantragen erneut die Begrünung aller öffentlicher Gebäude, wo dies möglich ist.
  • Auch Bauen muss generationengerecht gedacht werden. Daher beantragen wir, dass zukünftig jegliche Bebauungspläne verpflichtend klimaneutral gestaltet werden müssen. Baugebiete und Wohnanlagen müssen mit hohem Sozialanteil, wir sprechen von 20-30%, sowie einer ausgewogenen Verdichtung geplant werden. Dies gilt explizit auch für die Teilorte.
  • Wir beantragen die Erstellung eines Klimaplans bis nächstes Jahr. Wir fordern die Verwaltung auf, dass sie Möglichkeiten schafft, unmittelbar zu den Klimazielen unserer Bundesregierung beizutragen. Instrumente dafür sind fixe Ziele und fixe Zeiträume, die mindestens analog zu denen von Paris festgesetzt werden. Hier möchten wir auf das bereits bestehende Integrierte Klimaschutzkonzept verweisen. Ziehen Sie es aus der Schublade hervor, und füllen Sie es mit Leben, damit es in einem Atemzug mit der Agenda 2030 bei jedem zukünftigen Beschluss betrachtet wird. Den nichtöffentlichen Sachstandberichten müssen endlich Taten folgen. Auch dieser Antrag wurde bereits 2019 gestellt.
  • Wir beantragen landwirtschaftliche Flächen im Stadtgebiet nach abgelaufenen
    Pachtverträgen, sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob sie nicht zu Schäferflächen werden können – Stichwort Schäferzentrum Ostalb. Als Schäferstadt müssen wir zu unseren Schäfereien stehen.
  • Die Stadt Heidenheim ist in vielen Bereichen Vorbild und Vorreiterin. Eine weitere Vorbildfunktion kann sie einnehmen, wenn die Verwaltung die Gemarkung der Stadt nach Flächen durchsucht, die den Bau von Solarparks zulassen. Hier könnte die Stadt innovativ und generationengerecht Energieparks erschaffen, die bestenfalls mit Bürgerbeteiligung oder genossenschaftlich finanziert sind. Auf diesen Weg kann sie machbare Zukunftsvisionen gewährleisten, vielleicht sogar als Startschuss in eine
    Energieautarkie?
  • Wir beantragen die Stadt möge ein Konzept eines kommunalen Wärmenetzes erstellen. Auch hier gibt es Möglichkeiten zur Bezuschussung von Land und Bund.

Für unsere generationengerechte Stadt beantragen wir Sozialgerechtigkeit.

  • Dem demografischen Wandel kann nur auf lokaler Ebene begegnet werden. Dabei geht es nicht nur um die Versorgung unserer Senioren, sondern auch um
    Chancengleichheit aller Kinder, um die Entlastung der mittleren Generation, die die Kinder aufziehen und die Alten versorgen muss. Dies gelingt nur in einem lebendigen Gemeinwesen, in dem Bürgerliches Engagement gefördert und politische Partizipation erwünscht ist. Wir wünschen uns deshalb eine kommunikationsfreudige, kritikfähige Verwaltung, die auch neue, innovative Wege der Bürgerbeteiligung geht.
  • Ein Beispiel von vorbildlicher und gelungener Bürgerbeteiligung war die
    Jugendbeteiligung mit dem Twinner-Projekt. Befremdlich ist die Tatsache, dass dieses Projekt für 2021 nicht mehr angedacht wird, zumal aus der ersten Runde handfeste Projekte entstanden sind. Jugendliche benötigen kontinuierliche Ansprache und Unterstützung, damit sie einen Zugang zu politischem Handeln finden. Deshalb beantragen wir die Weiterführung des Projektes.
  • Unsere generationengerechte Stadt benötigt auch Raum, Geld und Lobby für ihre Jugendlichen. Dabei ist ein proaktiver Ansatz auf Dauer finanziell günstiger, als reaktiv zu agieren. Der Fokus sollte nicht erst auf den Jugendlichen liegen, wenn sie uns ärgern oder stören. Wir beantragen einen Sozialplan oder eine Sozialoffensive in Hinsicht auf Jugendarbeit. Junge Menschen brauchen Räume, diese wollen wir Ihnen bieten oder schaffen. Temporäre Hotspots wie der REWE oder das Schloss können gesteuert entwickelt werden. In der Sozialachse Treff 9, Skaterpark, Brenzpark, DHBW-Würfel, dem Dok33 und der verbliebenen Schmelzofenvorstadt sehen wir auf dem Areal beim „Badehaus“ einen idealen Raum, um Jugendarbeit, Jugendkultur oder auch Kreativkultur zu ermöglichen. Vor allem in Verbindung zu unserem Zukunftsnetzwerk der DHBW und dem Dok33 könnte sich mit dem „Badehaus als Kulturzentrum“ oder einem „Haus der Kulturen“ die Beziehung der Heidenheimer Jugendlichen zu ihrer Stadt intensivieren. Die verschiedenen Akture könnten sich gegenseitig befruchten. Hier beantragen wir die Aufnahme von Planungsarbeiten diesbezüglich.
  • Zur Gesellschaft gehört natürlich auch die Kultur. Hier sind wir gut aufgestellt, insbesondere im hochklassigen Bereich. Im Sinne einer Budgetgerechtigkeit und im Hinblick auf das oben angedachte Haus der Kulturen sowie der anderen wichtigen kulturellen Institutionen ist die finanzielle Begrenzung der Festspiele auf 1 Mio. Euro pro Jahr weiterhin berechtigt. Wie im Haushaltsplan ersichtlich, wird diese Grenze im Jahre 2021 eingehalten. Dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken.
  • Die Einbringungen der Ortschaftsräte Großkuchen und Oggenhausen möchten wir alle unterstützen, wobei wir vor allem die Aufnahme von Planungen für eine soziale Begegnungsstätte in Oggenhausen hervorheben möchten. Heute handeln für morgen. Vom Prinzip Hoffnung, hin zum Prinzip „Zukunft“. Und ja – miteinander, also auch füreinander in der Krise und durch die Krise, das haben
    auch wir uns auf unsere grüne Fahne geschrieben.

Vielen Dank

Anamari Filipovic
Fraktionsvorsitzende, Bündnis 90/Die Grünen
anamari.filipovic@gruene-heidenheim.de

Heidenheim, den 05.November 2020